Geldanlage:Ein Protokoll als Beweis

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Mehr Schutz vor Falschberatung: Anlageberater sollen künftig jedes Verkaufsgespräch schriftlich festhalten und das unterschriebene Dokument dem Kunden geben.

Daniela Kuhr

Wer in diesen Tagen eine Bank betritt, ist vor allem eines: misstrauisch. Wollen die mir jetzt wieder irgendwelche seltsamen Papiere aufschwatzen? Papiere, die ihnen saftige Provisionen bringen, mir aber nichts als Ärger? Es ist kein Wunder, dass sich die Kunden solche Fragen stellen. Zu viele haben genau das erlebt in der Vergangenheit. Und deshalb laufen jetzt landauf landab vor den Gerichten Prozesse, in denen Anleger ihre Bank verklagen. Sie wollen Ersatz für den Schaden, den sie erlitten haben, weil man ihnen anstatt eines sicheren Anlageprodukts hochspekulative Wertpapiere angedreht hatte. Manche klagen mit Erfolg, aber längst nicht alle. In einem ihrer letzten Reformprojekte dieser Legislaturperiode nimmt sich die große Koalition dieses Problems an.

Die Politik will Verbraucher besser vor Falschberatung schützen, darum soll ein neues Gesetz verabschiedet werden. (Foto: Foto: dpa)

Am Freitag will der Bundestag in zweiter und dritter Lesung ein Gesetz verabschieden, das es Anlegern in Zukunft erleichtern soll, im Fall einer Falschberatung Schadenersatz zu erhalten. Künftig sollen sie nach jedem Anlagegespräch ein Protokoll ausgehändigt bekommen, mit dem sie im Zweifelsfall vor Gericht Inhalt und Ablauf eines Beratungsgesprächs beweisen können. Das Protokoll ist vom Anlageberater zu unterschreiben und noch vor Abschluss eines Vertrags auszuhändigen.

Bei telefonischer Beratung soll der Bankmitarbeiter künftig dazu verpflichtet sein, dem Kunden das Protokoll nach Hause zu schicken. Ist dieser mit dem Inhalt nicht einverstanden, kann er sieben Tage lang von dem Vertrag zurücktreten. Auf diese Lösung haben sich die zuständigen Politiker von Union und SPD erst vor einer Woche geeinigt. Eigentlich hatte der Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgesehen, dass alle telefonischen Beratungsgespräche mit Zustimmung des Kunden aufgezeichnet werden müssen. Doch vor allem kleinere und mittlere Banken hatten dagegen protestiert, weil sie hohe Kosten fürchteten. Am Mittwoch sollen die neuen Regeln von den zuständigen Bundestagsausschüssen beraten werden.

Wo ist der Beweis?

Mit der Protokollpflicht reagiert der Gesetzgeber auf einen Missstand, den Anlegeranwälte schon lange beklagen: Bislang war es nur in ganz besonderen Ausnahmefällen möglich, von einer Bank Schadenersatz zu erhalten. Es ist nämlich Sache des Kunden, zu beweisen, dass er falsch beraten wurde. Doch normalerweise hatte er nichts in der Hand, um diesen Beweis anzutreten. Häufig stand Aussage gegen Aussage. Das soll sich mit dem Protokoll nun ändern. Es muss den Anlass und die Dauer der Anlageberatung wiedergeben sowie die im Verlauf des Gesprächs geschilderte persönliche Situation des Kunden, seine Anliegen und deren Gewichtung.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll die Dokumentationspflicht die Bankberater zu einem Umdenken verleiten. In der Vergangenheit haben sie oft vor allem solche Produkte verkauft, für die ihr Haus besonders hohe Provisionen kassierte. "Die starke Renditeausrichtung vieler Banken hat offensichtlich zu einem derartigen Vertriebsdruck geführt, dass sich manche Berater mehr an den Vertriebsprovisionen als am Kundeninteresse orientiert haben", hatte Bundesjustizministerin Zypries bei der Vorstellung des Gesetzes gesagt. Sie erhofft sich, dass die Dokumentationspflicht den Anlageberater zu höherer Sorgfalt veranlasst, "so dass insgesamt die Qualität der Beratung erhöht wird".

Ansprüche verjähren später

Ihre Ansprüche sollen Anleger künftig deutlich länger geltend machen können. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt nicht mehr bereits mit Vertragsschluss, sondern erst in dem Moment, in dem der Anleger von dem Schaden erfahren hat. Spätestens aber nach zehn Jahren sind die Ansprüche verjährt. Zudem modernisiert das Gesetz auch die Regeln für Schuldverschreibungen, indem es die Rechte der Gläubiger stärkt.

Den Verbraucherpolitikern von Union und SPD reichen all diese Verbesserungen allerdings noch nicht. Sie haben daher einen Antrag formuliert, den der Bundestag beschließen soll. Er enthält die Aufforderung an die Bundesregierung, den Bundesverband der Verbraucherzentralen "personell und finanziell" zu stärken. Zudem müsse die Bundesregierung die Debatte über einen Finanz-TÜV aufgreifen, mit dem die Sicherheit von Produkten geprüft werden solle. Zudem sei eine bessere Qualifikation nötig. "Es kann nicht sein, dass ein Vermittler von Investmentfonds oder geschlossenen Fonds keinerlei Sachkenntnis besitzen muss", sagte Julia Klöckner, verbraucherpolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Dasselbe gelte auch für gebundene Vermittler, die für ein einziges Unternehmen Versicherungen oder Wertpapiere vertreiben.

© SZ vom 29.06.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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