Gehälter:Mehr Teilzeit, schlechterer Job

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Frauen verdienen im Schnitt weiterhin klar weniger als Männer. Das liegt auch daran, dass sie häufig schlecht bezahlte Berufe ergreifen.

Frauen haben in Deutschland im Schnitt weiter gut ein Fünftel weniger auf dem Gehaltszettel als Männer, die Einkommenslücke zwischen den Geschlechtern schrumpfte auch im vergangenen Jahr nicht, teilte das Statistische Bundesamt mit. Konkret verdienten Frauen 2018 laut der Berechnungen 17,09 Euro brutto je Stunde und damit im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer. Diese kamen auf 21,60 Euro. Schon im Vorjahr hatte die Gehaltslücke unverändert bei diesem Wert gelegen. Besonders groß war der Abstand in den alten Bundesländern mit 22 Prozent, während Frauen im Osten "nur" sieben Prozent weniger verdienten.

Die Statistiker betonten, dass rund drei Viertel des Unterschiedes auf strukturelle Gründe zurückgehen: Frauen ergriffen oft relativ schlecht bezahlte Berufe und hätten seltener Führungsposten. "Auch arbeiten sie häufiger in Teilzeit und in Minijobs und verdienen deshalb im Durchschnitt pro Stunde weniger." So habe 2017 fast jede zweite erwerbstätige Frau eine Teilzeitstelle gehabt, bei Männern war es nicht einmal jeder Zehnte. Bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit ist die Gehaltslücke kleiner: Dann erhalten Frauen je Stunde sechs Prozent weniger Lohn als Männer, zeigen die jüngsten verfügbaren Daten.

Große regionale Unterschiede zwischen Ost und West sieht auch das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. So klafften die Bezüge von Frauen und Männern im reichen Baden-Württemberg und Bayern viel stärker auseinander als etwa in Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt, zeigt eine Umfrage unter 309 000 Beschäftigten auf dem Böckler-Portal Lohnspiegel.de. Während Frauen oft zu geringen Löhnen als Verkäuferin, Physiotherapeutin oder Erzieherin arbeiteten, hätten Männer häufig besser bezahlte technische Jobs in der Industrie. Und davon gebe es besonders viele in der Autobranche in Baden-Württemberg und Bayern.

Im Osten seien indes viele Industrie-Jobs weggebrochen und damit traditionelle Berufsperspektiven für Männer. Die kleinere Gehaltslücke im Osten lasse sich deshalb nicht mit hohen Löhnen der Frauen begründen, sondern eher mit dem großen Abstand ostdeutscher Männer zu Männern im Westen. Nach wie vor werde in vielen Betrieben von Frauen erwartet, für die Familie beruflich kürzer zu treten. "Teilzeit und längere Elternzeiten werden häufig abgestraft, da sie als Signal für geringeres Engagement gelten", sagte Yvonne Lott, WSI-Expertin für Arbeitszeitforschung. "Eine Mutter auf einer Teilzeit-Stelle macht seltener Karriere."

Bei der Beschäftigung von Frauen in vollen Stellen hinke Deutschland hinterher, stellte auch die Beratungsgesellschaft PwC fest. Während in Schweden und Island 83 beziehungsweise 76 Prozent der Frauen Vollzeit arbeiteten, seien es in Deutschland nur 63 Prozent. Bei der Gehaltslücke liegt Deutschland unter den OECD-Staaten in der Schlussgruppe. "Deutschland kommt bei der Förderung von Frauen im Arbeitsleben wenn überhaupt nur sehr langsam voran", sagte PwC-Partnerin Petra Raspels.

Wie stark Frauen beim Gehalt das Nachsehen haben, hängt laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aber auch von der Branche ab. Die Unterschiede seien dort besonders groß, wo je ungefähr gleich viele Männer und Frauen arbeiten und großer Wert auf längere Arbeitszeiten gelegt werde, beispielsweise Unternehmensberatung und Controlling, heißt es in einer Studie. Dort bekämen diejenigen, die in Vollzeit arbeiten, nicht nur monatlich, sondern auch auf die Stunde gerechnet mehr Lohn als etwa Teilzeitbeschäftigte. Hilfreich dagegen seien Tarifverträge und geteilte Führungsposten.

© SZ vom 15.03.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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