Fußball-WM der Frauen:Lira Bajramajs besonderer Schuhtick

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Stollen statt Stöckel: Die Hersteller von Fanartikeln setzen große Hoffnung auf die Fußballfrauen. Zur Weltmeisterschaft hüllen sie selbst Neugeborene kostenlos in Trikots. Und einige Spielerinnen ziehen auch kräftig mit.

Simone Boehringer

Schuhe, so sehen das Frauen, sind nicht einfach nur Schuhe. Schön sollen sie sein - und zu jedem Anlass etwas Besonderes bieten. Auch für Lira Bajramaj. Bei dieser Frage ist die Mittelfeldspielerin des deutschen Nationalmannschaft eben doch mehr Frau als Fußballer.

Training der Deutschen Frauenfussball-Nationalmannschaft Fussball, WM 2011, Frauen, Trainingslager deutsche Frauenfussball-Nationalmannschaft, Mittwoch (15.06.11), Stadion am Bruchweg, Mainz: Lira Bajramaj (l.) spricht mit Bundestrainerin Silvia Neid. Die Fussball-WM beginnt am 26. Juni mit dem Eroeffnungsspiel Deutschland-Kanada in Berlin. Das Finale findet am 17. Juli in Frankfurt am Main statt. Foto: Axel Heimken/dapd (Foto: dapd)

Wie Mesut Özil aus dem Nationalteam der Herren wurde sie vom Sportartikelhersteller Nike verpflichtet, um Werbung für neue Fußballtreter zu machen. Doch im Unterschied zu Özil wird Bajramaj ihr Schuh-Design in den Spielen bis zum Finale der Fußballweltmeisterschaft jedes Mal ändern. Aus mehr als 250 Vorschlägen ihrer Fans auf Facebook hat sie sich fünf ausgesucht, um im Endspiel dann mit ihren selbst kreierten Schuhen aufzulaufen.

"Der Platz ist unser Laufsteg", sagt Bajramaj im Werbespot. Die 23-Jährige mit der Nummer 19 auf dem Rücken ist offenbar eines der publikumswirksamsten Gesichter im deutschen Kader. Schließlich gehörte sie neben Spielführerin Birgit Prinz und Trainerin Silvia Neid schon vor dieser Fußball-WM im eigenen Land zu den prominentesten deutschen Spielerinnen.

Bajramaj mag es um Tore gehen, wenn sie am Sonntag mit der deutschen Nationalmannschaft gegen das kanadische Team antritt. Dem größten Sportartikelhersteller der Welt geht es um Schuhe. Und Nike ist mit diesem Anliegen nicht allein: Auch Puma, der Sportartikler Nummer drei nach Nike und Adidas, bringt pünktlich zum Start der Weltmeisterschaft im Frauenfußball einen grellgrünen Schuh auf den Markt, den acht Damen im Kader der deutschen Mannschaft und sogar Fußballerin Marta da Silva aus Brasilien tragen sollen.

Man mag den Schuh-Tick klischeehaft finden, aber eines schafft diese Frauen-WM mit solchen Aktionen auf jeden Fall: Sie bringt ein wenig Schwung in die Fußball-Reklame und die Fanartikelindustrie. Statt Trikot und Schal gibt es jetzt auch WM-Barbies, Schminkstifte und eben designte Stollenschuhe.

Auch die Frauen-Trikots sind inzwischen für Normalbürger tragbar: meist aus weichem Stoff, tailliert, kürzer als bei den Herren, die Hose oft mit modisch breitem Bund. Frau muss also nicht mehr im Sack aufs Feld gehen, wenn sie der Deutschen Lieblingssport spielen will - oder als Fan ihre Sympathie dafür bekundet. Die Deutschland-Trikots für Damen warten sogar mit noch mit einem kulturellen Detail auf: "Blüh im Glanze dieses Glückes", eine Zeile aus der Nationalhymne, steht auf der Innenseite des Kragens.

Noch halten sich die Hersteller zurück. Doch die Hoffnung, dass die Frauen-WM den Umsatz ordentlich ankurbelt, haben sie allemal. "Wir spüren im Handel ein erhöhtes Interesse, rechnen aber erst während der Weltmeisterschaft mit einem steigenden Absatz", heißt es etwa bei dem Hersteller Nike, der fünf der 16 WM-Teams selbst und weitere vier über die konzerneigene Marke Umbro ausstattet.

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Beim Sportartikler Adidas etwa, der neben dem Titelfavoriten Deutschland noch vier WM-Mannschaften ausrüstet und auch den offiziellen Spielball stellt, ist man schon etwas offensiver und rechnet auf jeden Fall damit, "mehr Frauen-Trikots als jemals zuvor abzusetzen", so ein Unternehmenssprecher. Eine sechsstellige Stückzahl sei fest eingeplant.

Der größte Fachhändler-Verband Intersport meint, mit der Frauen-WM insgesamt wenigstens zehn bis 15 Prozent dessen zu erzielen, was im vergangenen Jahr umgesetzt wurde, als die Herren um den Weltmeistertitel kickten - und die deutsche Nationalmannschaft immerhin Dritter wurde. Unterstützung bekommen die Sportartikler bei dieser Frauen-WM erstmals auch vom Sammelbildchen-Hersteller Panini, dessen Stickerheft für die Damen Premiere feiert. Denn erst wenn die Fans überhaupt die Gesichter mit den jeweiligen Trikots in Verbindung bringen, werden sie sich im Laden nach den Fußballhemden erkundigen.

Was bei der WM 2010 die afrikanische Tröte Vuvuzela war, könnte dieses Mal ein Fanschal mit Botschaften fürs Nationalteam werden: Die Versicherung Allianz strickt ihn mit Nachrichten, die Fans auf einer Internetseite des Konzerns eingeben können. Bisherige Länge: etwa 16.600 Meter, analog zur Teilnehmerzahl. In Kurzform verlost der WM-Förderer die Schals unter den Teilnehmern.

Und auch eine Fußball-Barbie können sich die Fans zulegen: In Einheitsblond mit DFB-Trikot oder mit dem Gesicht von Bundestrainerin Neid oder Mannschaftsführerin Prinz hat sie der Spielzeughersteller Mattel auf den Markt gebracht. Eine Barbie nach realem Vorbild, diese Ehre ist in Deutschland bisher nur einer zuteil geworden, die es auf einem von Männern dominierten Feld weit gebracht hat: Kanzlerin Angela Merkel.

Bislang kauft zwar nur ein Bruchteil der inzwischen mehr als eine Million Mädchen und Frauen unter den 6,5 Millionen Mitgliedern des Deutschen Fußballbundes (DFB) die Fankluft oder andere Accessoires. Die Anbieter werten dies dennoch als Erfolg - und hoffen auf mehr: Nach der WM könnte die Zahl der Mädchen, die sich in einem Fußballvereinen anmelden auf bis zu zwanzig Prozent steigen, so schätzen Experten.

Frauenfußball gehört ohnehin zu den Sportarten, die in Deutschland stark an Beliebtheit gewinnen. Jetzt überzieht die Allianz, einer von sechs nationalen Förderern des Turniers, das Land mit etwa 200 Mädchenfußball-Turnieren. Und Adidas verschickt bis zum Ende der WM Fußball-Outfits an Neugeborene in der ganzen Republik. Nicht aus jedem Mädchen wird einmal eine Profifußballerin. Aber schon für die ersten Trainings benötigen die Kickerinnen einen Stollenschuh. Nikes Schuh-Tick und die Investitionen, die andere in die Werbung zur Frauenfußball WM stecken, könnten sich also lohnen.

© SZ vom 25.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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