Führungskrise:Machtkampf bei Intersport eskaliert

Lesezeit: 4 min

  • Beim größten Sportartikel-Handelsverbund Intersport spitzt sich die Führungskrise zu.
  • Vorstandsmitglied Klaus Jost klagt gegen die Berufung seines Kollegen Kim Roether zum neuen Vorstandschef.
  • Seine Begründung: Der Aufsichtsrat habe bei seiner Entscheidung gegen interne Regularien und das Genossenschaftsrecht verstoßen.
  • Jost selbst erhielt von Intersport offenbar das Angebot, früher aus seinem Vertrag auszuscheiden.

Von Uwe Ritzer, Heilbronn

Worum bei Intersport gestritten wird

Heilbronn, München, Hannover, Köln - es ist eine kleine Roadshow, zu der Knud Hansen an diesem Montag aufbricht. Auf eilig einberufenen Regionalversammlungen will der Aufsichtsratsvorsitzende des größten europäischen Sporthandelsverbundes Intersport diese Woche die fast 1000 Mitglieder der Genossenschaft hinter sich scharen. Es geht darum, wieder Ruhe in der Organisation zu schaffen, Ruhe, die seit einer umstrittenen Entscheidung über das künftige Management dahin ist und die so schnell nicht wiederkehren dürfte.

Der Beschluss des Aufsichtsrates, Kim Roether und nicht Klaus Jost zum Vorstandsvorsitzenden zu berufen, schlägt immer heftigere Wellen. Nach SZ-Informationen aus Unternehmenskreisen wird mit Jost bereits über eine schnelle Trennung verhandelt. Der wiederum zieht gegen seine Nichtberufung zur Nummer eins bei Intersport vor Gericht. Die Lage ist verfahren, der genossenschaftliche Friede dahin. Der mit 3,3 Milliarden Euro Umsatz größte Sportartikel-Handelsverbund, zu dem neben Auslandsbeteiligungen in Polen, Österreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei gehören sowie die Sportartikelkette Voswinkel und der Schuhhändler Sabu, steckt in einer formidablen Führungskrise.

Wie eine öffentliche Demontage für Jost

Bisher amtieren Jost, 53, und Roether, 50, als gleichberechtigte Vorstände. Dennoch galt der profilierte Sportartikelmanager Jost intern wie außerhalb als Nummer eins. Zumal er auch Präsident des globalen Intersport-Dachverbandes IIC ist.

Im Zuge einer Organisationsreform entschied der Aufsichtsrat von Intersport Deutschland im Oktober, seinen Vorstand um ein drittes Mitglied zu erweitern und gleichzeitig Roether zum Vorstandsvorsitzenden zu befördern. Den unbekannten, bisher für interne Belange zuständigen Manager, der nur über wenig Erfahrung in der Sportartikelbranche verfügt, vorzuziehen, kam einer öffentlichen Demontage von Klaus Jost gleich. Seither kommt Intersport nicht mehr zur Ruhe.

Vorstandsmitglied Klaus Jost hat Klage eingereicht. (Foto: TAUBE Photoproduction)

Zumindest vereinzelt gibt es harsche Kritik am Aufsichtsrat. Dass dieser bei der wichtigen Personalie die Mitglieder außen vor gelassen habe "zeigt ein gewisses Maß von arroganter, selbstgefälliger Attitüde der beteiligten Personen", zitiert das Fachblatt Sport Fachhandel einen Händler. Viele Mitglieder und Mitarbeiter in der Heilbronner Intersport-Zentrale fühlen sich überrumpelt und können die Gründe für die Personalie nicht nachvollziehen. Die große Frage wird sein, ob es sich bei all der Kritik um repräsentative oder aber nur um einzelne Meinungen handelt.

"In der Kommunikation haben wir Fehler gemacht"

Aufsichtsratschef Hansen will das nun herausfinden und sich um Schadensbegrenzung bemühen. "Unsere Entscheidung für Herrn Roether ist richtig und wird auch nicht zurückgenommen", sagt er. "Aber in der Kommunikation haben wir Fehler gemacht." Diese will er bei seiner Deutschland-Tour ausbügeln.

Dass die neue Organisationsstruktur prinzipiell bei den Mitgliedern auf breite Zustimmung stößt, steht für Hansen fest, der selbst in Kiel zwei Intersport-Geschäfte betreibt. Unablässig beteuert er, der Aufsichtsrat wünsche sich, dass Jost seine Arbeit als Verantwortlicher für das Geschäft mit der Ware (und damit den Einkauf) sowie für Marketing fortsetze. "Aber es liegt an ihm, ob er das will."

Tatsächlich stehen alle Zeichen immer deutlicher auf Trennung. Jost hat intern klargemacht, dass er die Entscheidung gegen sich und für Roether nicht akzeptieren wird. Auf Anfrage wollte er sich nicht äußern. Beim Landgericht Heilbronn hat er Klage eingereicht mit dem Ziel, den entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss für nichtig zu erklären. Dieser verstoße gegen die Satzung und den Geschäftsverteilungsplan der Intersport und gegen genossenschaftliches Recht, so die Argumentation.

Während sich Josts Anwalt Stefan Nägele zuversichtlich bezüglich der Erfolgsaussichten zeigt, gibt sich Aufsichtsratschef Hansen gelassen. Schließlich habe sich der Aufsichtsrat vorab juristisch beraten lassen. "Ich bin da sehr entspannt, aber insgesamt ist das natürlich eine sehr unschöne Situation", sagt er.

Mehr als eine Blamage für den Aufsichtsrat

Und eine heikle noch dazu. Denn folgt das Gericht Josts Klage, wäre der Aufsichtsrat nicht nur blamiert, sondern wohl auch nicht mehr zu halten. Hansen am allerwenigsten, dem ein enges Verhältnis zu Roether nachgesagt wird. Letzterer wäre dann ebenfalls beschädigt. Knud Hansens Bekundung, der Aufsichtsrat hoffe, dass Jost seine Arbeit als Intersport-Vorstand fortsetze, ist angesichts der neuen Entwicklung wohl nicht mehr als ein Lippenbekenntnis.

Tatsächlich gab es zwischen ihm und Jost nach Informationen aus Firmenkreisen bereits Gespräche über einen vorzeitigen Abschied des Managers. Die Initiative soll von Jost ausgegangen sein. Nichts deutet derzeit aber auf eine gütliche Trennung hin. Der Manager soll klar signalisiert haben, dass er nicht gewillt ist, sich hinter Kim Roether einzuordnen.

Warum das Verhältnis getrübt ist

Zumal das Verhältnis der beiden Manager schon länger getrübt ist; weniger fachlich sei man sich uneins, sagen Insider, als vielmehr in Fragen des Umgangs und der Führung. Der Intersport-Aufsichtsrat schlug Jost vor, bereits zum 31. Oktober 2014 auszuscheiden. "Wir haben das Angebot aber nicht angenommen", sagt dessen Anwalt Nägele. Eine vorzeitige Trennung könnte teuer werden für Intersport. Josts Vorstandsvertrag läuft noch bis 30. September 2017. Insider rechnen dennoch angesichts seiner Klage vor Gericht mit einer Freistellung.

Ganz abgesehen davon, dass die Intersport bei Josts Abgang ihren profiliertesten Manager verlieren würde - es müsste dann auch noch ein neuer Vorstand für das Kerngeschäft Ware gesucht werden. Kim Roether ist derweil seit seiner Ernennung zum neuen Vorstandschef Mitte Oktober viel unterwegs, um innerhalb der Organisation Unterstützung für sich zu organisieren.

Wie sich der Führungsstreit auswirkt

Für die Intersport kommt der Führungsstreit zur Unzeit. Die Genossenschaft tut sich bislang schwer damit, das stationäre Geschäft ihrer Händler mit einem umfassenden Internetangebot zu verzahnen. Dabei wird das Onlinegeschäft immer wichtiger. Außerdem möchte Intersport am liebsten weiter expandieren, und bei der Führung der Tochterunternehmen gibt es einer internen Vorlage zufolge Defizite. Erklärtermaßen müssen die Mitgliederinteressen stärker berücksichtigt werden, was bislang schon in Kim Roethers Zuständigkeit fiel.

© SZ vom 03.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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