Freie Fahrt für Porsche:Piëch verdrängt Widersacher

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Die Führungskrise bei VW geht in die nächste Runde. Im Frühjahr werden nach Informationen der SZ drei Mitglieder des Aufsichtsrates nicht mehr für eine weitere Amtszeit kandidieren.

Karl-Heinz Büschemann

Darunter ist auch Gerhard Cromme, der Aufsichtsratschef von Thyssen-Krupp. Damit hat der oberste VW-Kontrolleur Ferdinand Piëch einen starken Widersacher weniger.

Im Aufsichtsrat des VW-Konzerns werden im Frühjahr mindestens drei Plätze frei. Den Informationen zufolge werden bei der Hauptversammlung am 3. Mai 2006 Thyssen-Krupp-Chef Gerhard Cromme, Eon-Finanzvorstand Hans Michael Gaul und der Brite Lord David Simon of Highbury nicht wieder für einen Sitz in dem Kontrollgremium kandidieren.

Die Verträge der drei Vertreter der Arbeitgeberseite laufen zu diesem Zeitpunkt aus. Bisher war unklar, ob sie sich wieder zur Wahl stellen werden.

Die Entscheidung von Cromme, aus dem Gremium auszuscheiden, ist nach den Informationen erst am vergangenen Freitag nach der Aufsichtsratssitzung gefallen. In der Zusammenkunft war es zu einem Eklat gekommen.

"Der hat getobt"

Der Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch hatte überraschend und ohne das Thema auf die Tagesordnung zu setzen, einen neuen Personalvorstand für VW durchgesetzt und damit einige Vertreter der Kapitalseite brüskiert.

Gemeinsam mit allen Arbeitnehmervertretern und den Kapitalvertretern Klaus Liesen und Michael Frenzel hatte er den bisherigen Audi-Personalvorstand, Horst Neumann, als Nachfolger für den langjährigen Personalmanager Peter Hartz durchgesetzt, der im Verlauf der VW-Spesen- und Schmiergeldaffäre zurückgetreten war.

Von Cromme war nach der Sitzung am vergangenen Freitag zu hören, er sei durch diese Entscheidung aufgebracht gewesen. "Der hat getobt", berichtet ein VW-Vertreter. Auch die Aufsichtsratsmitglieder Heinrich von Pierer und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff waren über Piëch verärgert.

Mit dem Ausscheiden Crommes hätte VW-Aufsichtsratschef Piëch einen starken Widersacher weniger in dem Kontrollgremium, dessen Vorsitzender er ist, seit er im Jahr 2002 den VW-Vorstandsvorsitz abgegeben hatte.

Piëch unter Druck

Gleichzeitig werden in dem Gremium Plätze frei, von denen der Autohersteller Porsche zwei beanspruchen will. Piëch ist als Enkel des Porsche-Gründers und VW-Käfer-Konstrukteurs Ferry Porsche auch mit zehn Prozent am Autobauer Porsche beteiligt.

Der hatte im September bekannt gegeben, sich mit knapp 22 Prozent an Volkswagen zu beteiligen. Danach hatte Porsche "mindestens zwei" Mandate im Kontrollgremium beansprucht - und zwar ohne Piëch. Für die beiden Mandate sind der Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking sowie der Finanzchef Holger Härter vorgesehen.

Doch die Voraussetzung für das Einziehen von Porsche in das VW-Kontrollorgan wäre, dass andere Vertreter der Kapitalseite auf eine Kandidatur verzichten. Andernfalls käme es zu Kampfabstimmungen, die in deutschen Unternehmen ungewöhnlich wären.

Mit Piëch hätte Porsche demnach in Zukunft drei Vertreter im Kontrollgremium von Volkswagen. Piëch war in den vergangenen Wochen verstärkt unter Druck geraten. Kritiker hielten ihm vor, gegen die Prinzipien der Unabhängigkeit zu verstoßen, die im deutschen Corporate Governance Kodex vorgegeben werden, weil er als Miteigentümer von Porsche im Aufsichtsrat eines anderen Autoherstellers wie VW in einem Interessenkonflikt stehe. Piëchs Mandat als VW-Aufsichtsratschef läuft im Frühjahr 2007 aus.

Auch an diesem Donnerstag wird der VW-Konzern wieder im Rampenlicht stehen. Dann wird vor dem Arbeitsgericht Braunschweig darüber verhandelt, ob der ehemalige VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer zu Recht fristlos gekündigt wurde.

Gebauer war in der Personalabteilung von VW für die Interessen der Betriebsräte verantwortlich. Er hat die umstrittenen Lustreisen der Betriebsräte organisiert, die den Konzern im Sommer erschütterten und den Personalvorstand Peter Hartz seinen Posten kosteten.

VW hatte den Manager fristlos entlassen, weil er ihm Spesenbetrug sowie die Gründung von Scheinfirmen und die Annahme von Schmiergeld vorwirft. Gebauer bestreitet die Vorwürfe, räumt aber ein, die Reisen des Betriebsrates organisiert zu haben. Er habe aber auf Anweisung von Vorgesetzten gehandelt, unter anderem von Hartz. Möglicherweise fällt das Gericht noch am Donnerstag sein Urteil

Am Mittwoch hatte das Verwaltungsgericht Braunschweig entschieden, dass zwei niedersächsische SPD-Landtagsabgeordnete mehr als 750 000 Euro verbotener Nebeneinkünfte an die Staatskasse abführen müssen. Die Politiker Hans- Hermann Wendhausen und Ingolf Viereck hatten neben ihren Diäten als Abgeordnete noch ein Gehalt vom Volkswagen-Konzern bezogen. Das Verwaltungsgericht Braunschweig verurteilte die beiden am Mittwoch, der Forderung von Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) in voller Höhe nachzukommen.

© SZ vom 17.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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