Frauen in der Wirtschaft:Arbeiten im Permafrost

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Noch immer sitzen zu wenige Frauen im Topmanagement. Das ist auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ein Thema. Hier wird kontrovers diskutiert, ob eine Quote wirklich helfen würde - oder doch nicht.

Von Caspar Busse, Davos

Dunkle Anzüge, vor allem ältere Herren - auch auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum sind die Frauen in der Unterzahl, wie sonst auch in den Chefetagen der großen Unternehmen. Auf den Podien und in den Diskussionen in den Schweizer Bergen sind sie lange nicht so stark vertreten wie gewünscht. Dabei ist das Thema Diversität auch in Davos schon lange ein Thema, doch der Erfolg lässt auch hier auf sich warten.

"Frauen denken anders und arbeiten eher zusammen", sagt Chuck Robbins. Als er im vergangenen Sommer Chef des amerikanischen Netzwerkherstellers Cisco wurde, hat er eine ganze Reihe von Führungspositionen neu besetzt. 50 Prozent der neuen Manager waren weiblich, berichtet er. Und er ist froh darüber. Denn dadurch würde sich auch das Klima im Unternehmen ändern. Devin Wenig, der Chef des Onlineauktionshauses Ebay, hat noch viel naheliegendere Gründe für die Förderung von Frauen. Bei Ebay seien nicht nur mehr als die Hälfte aller Kunden weiblich, deshalb brauche man auch weibliche Führungskräfte. "Wie jede Tech-Firma befinden wir uns im Krieg um Talente", sagt Wenig. Das Unternehmen müsse schon deshalb aus eigenem Interesse attraktiv werden für junge Frauen, eine gute Arbeitsumgebung bieten und auch langfristig ein attraktiver Arbeitgeber sein.

Eines der größten Probleme sei derzeit, dass viele Frauen die Unternehmen nach wenigen Jahren wieder verlassen, sagt dazu Pat Miligan. Die Managerin bei der amerikanischen Beratungsfirma Mercer lässt jedes Jahr eine große Untersuchung mit dem Titel Gender-Gap-Report erstellen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Noch immer sind danach nur etwa 20 Prozent der Beschäftigten im Management weiblich. Dabei könnte ihrer Ansicht nach eine deutlich höhere Quote ein erhebliches Wachstumspotenzial erschließen. "Wir haben die Gelegenheit zu fundamentalen Veränderungen", sagt Miligan und fordert schnelles Handeln. Doch das ist offenbar nicht so einfach. Wenn ein Konzern nicht die richtigen Voraussetzungen bietet, kündigten Frauen schnell wieder. Norbert Winkeljohann, Deutschland-Chef der Wirtschaftsprüferfirma PWC, berichtet zum Beispiel, dass bei Neueinsteigern der Frauenanteil bei mehr als 50 Prozent liege. Bei den Partnern, also der obersten Managementebene von PWC, erreiche die Quote aber nur elf Prozent. Oft werde in die Ausbildung investiert, das Geld sei dann verloren, wenn die Mitarbeiterinnen nach drei Jahren wieder gehen, weil die Arbeitsbedingungen nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Da gehe es um 30 000 Euro pro Person.

Hilft eine Quote? Oder eher nicht?

Oft sei das Problem auch, dass im Topmanagement die Herren unter sich sind und deshalb zu wenig geschehe, sagt Jürg Zeltner, der im Vorstand der Schweizer Großbank UBS für die Sparte Vermögensmanagement zuständig ist: "Die Männer im Vorstand sind der Permafrost. Da ändert sich oft nur wenig." Dabei seien die vermögenden Kunden größtenteils weiblich, gerade hier bestehe enormer Bedarf. Frauen im Management würden oft Frauen fördern und nachziehen.

Uneinig sind sich die Experten in Davos, ob eine Quote hilft. In Deutschland etwa gilt für die Aufsichtsräte für große börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen die Regelung, dass die Aufsichtsgremien zu 30 Prozent mit Frauen besetzt sein müssen. Bei Dax-Konzernen werden derzeit gut 20 Prozent erreicht. Zudem sollen sich die Unternehmen freiwillig eine beliebige Zielvorgabe auch für den Vorstand setzen. Der Druck steige dadurch, sagt Beraterin Miligan. Auf der anderen Seite müsse die Entwicklung auch nachhaltig sein, wenn der Prozentsatz nur kurzfristig steige, dann aber wieder zurückgehe, bringe das niemandem etwas.

Die türkische Unternehmerin Güler Sabanci, die den gleichnamigen Familienkonzern führt, weist noch auf einen ganz anderen Effekt hin. "Wenn wir mehr Frauen in Verwaltungsräten und Vorständen haben, dann wird auch das Denken langfristig." Das helfe am Ende allen.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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