Folgen des Austrittsvotums:Das wird teuer

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(Foto: Toby Melville/Reuters)

Der Brexit kostet die Briten schon jetzt zehn Prozent ihres Wohlstands, zeigt eine Rechnung. Ihr Vermögen ist zwar gleich geblieben, aber weniger wert.

Von Stephan Radomsky

Noch ist nicht einmal klar, ab wann überhaupt über die Trennung von der EU verhandelt werden soll. Von den Konditionen ganz zu schweigen. Trotzdem bekommen die Untertanen Ihrer Majestät die Konsequenzen des Brexit-Votums schon jetzt zu spüren, und zwar finanziell: Um zehn Prozent sei das Vermögen der britischen Haushalte von Mitte 2015 und Mitte 2016 geschrumpft, ein Minus von 1,5 Billionen Dollar, hat die Schweizer Bank Credit Suisse in ihrem Wohlstandsbericht errechnet.

Die Entwicklung sei eine "direkte Konsequenz" des Votums, heißt es in der Analyse. Denn Hauptgrund für die Verluste ist der Absturz des Pfund zum Dollar. Es notiert seit der Abstimmung Ende Juni so tief wie seit Jahrzehnten nicht. Das ließ die Vermögen der Briten in Dollar gerechnet massiv schrumpfen - umso mehr, je wohlhabender sie sind. Entsprechend sank die Zahl der Dollar-Millionäre im Königreich nach dem Brexit um sogar 15 Prozent.

Was zunächst nach einem reinen Buchverlust aussieht, dürften die Haushalte recht schnell praktisch zu spüren bekommen. Zwar ist ihr Vermögen durch den Brexit nominell nicht kleiner geworden. Es ist seit dem Sommer aber oft viel weniger wert - nicht nur beim Shoppen importierter Designer-Roben und -Hüte für das Pferderennen in Ascot ( im Bild), sondern auch im Supermarkt um die Ecke oder auf Reisen ins Ausland. Denn auch zum Euro hat das Pfund deutlich eingebüßt, wenn auch nicht so dramatisch wie zum Dollar.

"Der Ausblick ist sehr unsicher, sowohl für die Wirtschaft als auch für das Vermögen der Haushalte", schreiben denn auch die Schweizer Banker in ihrer Studie.

Das schlägt offenbar bereits auf die Stimmung der Briten. So erwarten inzwischen 49 Prozent der Privathaushalte für sich trübere Aussichten im kommenden Jahrzehnt, wie eine Erhebung des Finanzdatenanbieters Markit ergab. Im August waren es noch 47 und im Juli, also im Monat nach der Brexit-Entscheidung, sogar nur 42 Prozent. Inzwischen setzte sich aber wohl die Annahme durch, dass der EU-Austritt für das Vereinigte Königreich und seine Bürger teurer werden könnte als gedacht, hieß es.

Was die Haushalte belastet, könnte der Wirtschaft nutzen, zumindest vorerst. Die Industrie scheint von der kräftigen Abwertung des Pfund bisher zu profitieren, weil ihre Exporte dadurch billiger werden. So stieg das Konjunkturbarometer des Industrieverbands CBI im November überraschend stark - auf den höchsten Stand seit dem Brexit-Votum.

Die Stimmung der Unternehmer zusätzlich verbessert haben dürfte am Montag Premierministerin Theresa May. Sie kündigte an, einen staatlichen Fonds zur Förderung von Forschung und Entwicklung auflegen zu wollen, und zwar in Höhe von jährlich zwei Milliarden Pfund. Zudem solle die Unternehmenssteuer auf den niedrigsten Stand der führenden Industriestaaten sinken - Berichten zufolge möglicherweise sogar bis auf unter 15 Prozent. Und das, obwohl der Staatshaushalt der Briten bereits vor dem Brexit-Votum beachtlich im Minus war.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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