Firmenanleihen:Investoren legen drauf

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Smartphone von Nokia: Schuldscheine dieser Firma bescheren dem Anleger eine negative Rendite. (Foto: Simon Dawson/Bloomberg)

Durch die Nullzinspolitik werfen riskante Anleihen keine Rendite mehr ab.

Von Markus Zydra, Frankfurt

In einer normalen Finanzwelt möchten Kreditgeber Geld verdienen. Schließlich verleihen sie Kapital, verbunden mit dem Risiko, dass der Gläubiger nicht mehr zurückzahlt. Der Zins entschädigt für dieses Risiko. Doch die langjährige Nullzinspolitik der Zentralbanken hat die Finanzwelt in eine neue Normalität geführt. Schon lange ist es so, dass Investoren Verluste in Kauf nehmen, wenn sie Staatsanleihen kaufen. Die zehnjährige Bundesanleihe ist ein solches Beispiel. Doch inzwischen werfen auch hochriskante Unternehmensanleihen nichts mehr ab; Kreditgeber legen sogar drauf.

In Europa werden 14 dieser so genannten "Junk Bonds" mit einer negativen Rendite gehandelt, so Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dazu zählen etwa in Euro notierte Schuldscheine der Technologiekonzerne Altice und Nokia. Um sich die Besonderheit noch einmal klar zu machen: Wer eine Million Euro in diese Anleihen investiert hat, bekommt beim Verkauf weniger Geld zurück, als er gegeben hat. Warum machen Investoren das?

Die Erklärung: Es herrscht Anlagenotstand. Fonds, Pensionskassen und Versicherungen sind gesetzlich dazu verpflichtet, einen Großteil der Gelder in Anleihen zu investieren. Schuldscheine gelten im Vergleich zu Aktien gemeinhin als weniger riskant. Bei Staatsanleihen aus Deutschland, den USA oder der Schweiz mag das ja zutreffen, doch bei Unternehmensanleihen ist dies ganz gewiss nicht der Fall. Immer wieder gehen Konzerne bankrott, und dann fallen die Kredite teilweise oder vollständig aus. Doch die hohe Nachfrage nach Unternehmensanleihen hat die Kurse dieser Wertpapiere nach oben getrieben und die Renditen entsprechend gesenkt - bei einigen nun auch unter null Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) trägt daran eine Mitschuld. Sie kauft seit Jahren neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen auf, um Europas Wirtschaft anzukurbeln. Zu Beginn des Jahres wurde das Programm zwar gestoppt, doch die Erlöse aus auslaufenden Anleihen werden am Markt reinvestiert. Für die Unternehmen ist das eine perfekte Situation, denn sie können sich so billig verschulden wie noch nie. Die OECD beziffert das globale Volumen der ausstehenden Unternehmensanleihen auf 13 Billionen Dollar. Das sei ein neuer Rekord, angetrieben durch die lockere Geldpolitik. Ein Konjunkturabschwung, warnen die Experten der OECD in ihrem Bericht, könnte zu hohen Kreditausfällen und einem Schock an den Finanzmärkten führen.

EZB-Präsident Mario Draghi hat zuletzt die Möglichkeit angedeutet, das Anleihekaufprogramm wieder hochzufahren, also neue zusätzliche Wertpapiere zu kaufen. Das könnte den gefährlichen Preisdruck an den Märkten weiter anheizen.

© SZ vom 12.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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