Finanzministerium sieht Trendwende:Die Konzerne zahlen wieder Steuern

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Deutschlands Großunternehmen zahlen erstmals seit zwei Jahren wieder nennenswert Körperschaftsteuer. Allein im Juni überwiesen sie rund 2,6 Milliarden Euro.

Ulrich Schäfer

(SZ vom 16.07.2003) — Offiziell wird das Haus von Hans Eichel seine Zahlen nächste Woche in seinem Monatsbericht für Juli vorstellen. Eichel selber hatte bereits am Wochenende, im Interview der Süddeutschen Zeitung, angedeutet, dass sich die Körperschaftsteuer "sehr positiv" entwickelt.

Die genauen Zahlen, die sein Ministerium nun errechnet hat und die der SZ vorliegen, belegen dies. Demnach legte die Körperschaftsteuer allein im vergangenen Monat um 1,7 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahresmonat zu, im ersten Halbjahr stieg sie auf zusammengerechnet 3,15 Milliarden Euro.

Der Juni gilt als starker Steuermonat, weil die Konzerne dann ihre vierteljährlichen Vorauszahlungen an die Finanzämter überweisen.

Schon im Mai hatte sich diese Entwicklung angedeutet: Unterm Strich mussten die Finanzämter zwar, wie meist in den vergangenen Jahren, rund 300 Millionen Euro mehr an die Konzerne zurückerstatten, als diese zahlten.

Allerdings: Schon da meldete Eichel, wenn auch versteckt, im Monatsbericht eine Verbesserung. Im Mai 2002 hatte er noch 1,6 Milliarden Euro zurückzahlen müssen.

Konjunktur stabilisiert

Der Umschwung wird von Ökonomen genau beobachtet. Für Winfried Fuest vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ist er "ein weiteres Indiz dafür, dass sich die Konjunktur und die Gewinnentwicklung der Unternehmen stabilisiert". Alfons Kühn, der Steuerabteilungsleiter des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) glaubt ebenfalls, "dass die Körperschaftsteuer wieder in die Gänge kommen könnte, und die Wirtschaft insgesamt auch."

In den beiden Jahren zuvor war die wichtigste Steuer, die die großen Unternehmen bezahlen, auf Null eingebrochen - eine Folge der Konjunktur, der schlechten Firmenbilanzen, aber auch der Steuerreform.

Die Firmen hatten massiv die Möglichkeit genutzt, die Gerhard Schröder und Hans Eichel ihnen eingeräumt hatten: Sie entledigten sich milliardenschwerer Beteiligungen, ohne die Gewinne versteuern zu müssen. Teilweise reichten die Vorstände die Konzerntöchter auch intern von einer Holding zur nächsten weiter, um steuerfrei stille Reserven zu heben.

Vor allem ergriffen die Firmen aber die Gelegenheit, um altes, einst hoch versteuertes Eigenkapital, das sie im Boom in ihren Bilanzen gebunkert hatten, an ihre Aktionäre auszuschütten - und sich dabei einen Teil der vor Jahren gezahlten Steuern zurückzuholen.

Beispielloser Einbruch

Die Folge: Im Jahr 2000 brachte die Körperschaftsteuer noch 23,57 Milliarden Euro. Zwölf Monate später, nach Inkrafttreten der Steuerreform, verbuchte Eichel unterm Strich ein Minus von gut 400 Millionen Euro. Auch 2002 kam nur schleppend Geld in die Kasse, insgesamt ganze 2,8 Milliarden Euro.

Neben der Konjunktur gibt es noch weitere Gründe für die Trendwende: So schütten die Konzerne nicht mehr so hohe Altgewinne aus. "Die Zeit der großen Auskehr ist vorbei", sagt Winfried Fuest.

Alfons Kühn vom DIHK verweist zudem darauf, dass die Firmen direkt nach Inkrafttreten der Steuerreform ihre Vorauszahlungen teils zu stark gekürzt hatten - und nun, da sie ihre Steuererklärungen für 2001 und 2002 einreichen, nachzahlen müssen.

Zudem hätten die Finanzämter sehr lange gebraucht, um sich auf das neue Unternehmensteuer-System, das Rot-Grün eingeführt hatte, mit Schulungen, Formularen und Softwareprogrammen einzustellen. Deswegen habe sich die Steuererhebung verzögert: "Das ist nun abgeschlossen."

Kräftiger Zuwachs bei Erbschaftsteuer

Positiv hat sich im Juni, wie Eichels Zahlen zeigen, aber nicht nur die Körperschaftsteuer entwickelt: So legte auch die Erbschaftsteuer gegenüber dem Vorjahr um satte 46,3 Prozent zu.

Die zuletzt sehr schwache Umsatzsteuer stieg um 3,4 Prozent, was vor allem an der Einfuhrumsatzsteuer (plus 11,6 Prozent) lag. Die reinen Bundessteuern legten im Juni um sieben Prozent zu, die reinen Ländersteuer sogar um 9,6 Prozent.

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