Finanzminister Steinbrück:Inflation drosselt Wachstum

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Die rasant gestiegene Inflation drückt auf die Konsumlaune. Das könnte nach Ansicht von Finanzminister Steinbrück das Wirtschaftswachstum drosseln. Andere befürchten sogar den Verlust von bis zu 200.000 Arbeitsplätzen.

Die rasant gestiegene Inflation könnte nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zu einer schwächeren Binnennachfrage in Deutschland führen und damit das Wirtschaftswachstum belasten. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHT) befürchtet Arbeitsplatzverluste durch den hohen Ölpreis.

Das deutsche Wirtschaftswachstum soll gut ausfallen, sagt Finanzminister Steinbrück - doch es gebe Risiken. (Foto: Foto: ddp)

Gute Prognosen - und Risiken

Vom Teuerungsdruck gehe mittelfristig die größte Gefahr aus, sagte Steinbrück der Financial Times. Er erwarte zwar, dass das deutsche Wirtschaftswachstum dieses Jahr "sehr gut" ausfalle. Es gebe aber Abwärtsrisiken, die nicht vernachlässigt werden dürften. Dazu zähle, dass die Binnennachfrage in Deutschland nicht so stark sei wie das Exportgeschäft.

Mit Blick auf die Europäische Zentralbank sagte Steinbrück, im Kampf gegen die Inflation sei es die Aufgabe der Notenbanker, die Zinsen zu erhöhen. Allerdings dürften auf der anderen Seite auch die Risiken für die Konjunktur nicht außer Acht gelassen werden.

Ölpreis könnte 200.000 Arbeitsplätze kosten

Die EZB hatte am Donnerstag den Leitzins in der Währungsunion wie erwartet auf 4,25 Prozent angehoben. Er ist damit so hoch wie zuletzt vor etwa sieben Jahren.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erwartet Einbußen der deutschen Wirtschaft durch die hohen Ölpreise. "Die aktuelle Ölpreisentwicklung könnte rund 0,5 Prozent des Wachstums kosten", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben in der ARD. "Das sind rein rechnerisch 150.000 bis 200.000 Arbeitsplätze", betonte er.

Zur derzeitigen Lage erklärte Wansleben, Deutschland sei als Exportnation "ein bisschen der Gewinner". "Wir sind die besten Lieferanten für diejenigen, die das Erdöl liefern, also für Russland und die arabischen Staaten. Deswegen ist Deutschland unmittelbar nicht in dem Ausmaß betroffen. Aber insgesamt ist ganz klar: Unsere anderen Kunden werden genauso Schwierigkeiten haben wie wir im Inland. Und hier im Inland sind vor allem diejenigen betroffen, wo wir als Verbraucher uns dann zurückhalten. Denn je mehr wir bezahlen müssen für Sprit, für Heizung, desto weniger geben wir aus für Kleidung, Autos oder Urlaub."

Wansleben: Keine hohen Lohnforderungen

Von der Kostenlawine sei jedes Unternehmen betroffen, sagte Wansleben. "Deshalb ist wichtig, diese Kostenlawine nicht zu Unkosten werden zu lassen." Als Beispiel nannte Wansleben zu hohe Lohnforderungen. "Kein Unternehmen kann etwas dafür, dass die Ölrechnungen jetzt hochgehen. Wir müssen gucken, dass wir besser und effizienter werden, Technologien herstellen und müssen natürlich auch sehen, dass wir selbst von Öl unabhängiger werden. Das heißt: Weniger verbrauchen. Jeder von uns kann da einiges tun."

Die Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank bezeichnete Wansleben als richtigen Schritt. Die Gefahren fürs Wachstum seien kalkulierbar. "Das Wachstum würde noch stärker gedämpft, wenn die Geldpolitik aus dem Ruder läuft. Wir haben im Moment eine Inflationsrate von vier Prozent. Und wenn man den Ölpreiseffekt wegnimmt, dann liegen wir immerhin bei 2,3 Prozent. Darauf zielt die EZB."

Zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland erklärte Wansleben. "In diesem Jahr sind die Auftragsbücher noch voll. Ich gehe in diesem Jahr davon aus, dass wir rund 2,3 Prozent haben werden. Insofern sollten wir jetzt keine Panik machen, so schwierig im Einzelfall jetzt die Situation wird. Nur im nächsten Jahr ist es sicherlich so, dass wir froh sein werden, wenn wir eine Eins vor dem Komma haben."

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/jkr/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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