Finanzinvestoren:Die Angstmacher

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Milliardenschwere Investoren fluten die Märkte mit Geld - sie wetten auf Rohstoffe, verschachern Firmen und zocken mit faulen Krediten. Doch das Risiko steigt. Droht schon bald der globale Finanz-Crash?

Karl-Heinz Büschemann

Stephen Schwarzman war lange weitgehend unbekannt. Inzwischen kennen selbst jene Zeitungleser den Namen des 60-Jährigen, die nicht bis zu den hinteren Seiten des Wirtschaftsteils durchdringen.

Schwarzman ist der Mitbegründer der amerikanischen Beteiligungsgesellschaft Blackstone, die weltweit Unternehmen kauft. Er allein verdiente im vergangenen Jahr etwa 400 Millionen Dollar.

Als Schwarzmann letzten Freitag seine Firma an die Börse brachte, bekam er weitere 677 Millionen Dollar hinzu. Der verbleibende Anteil des Blackstone-Gründers, der in einem 37-Zimmer-Penthouse am Central Park in New York wohnt, an der Gesellschaft ist jetzt stattliche sieben Milliarden Dollar wert.

Typen wie Schwarzman sorgen dafür, dass den meisten Menschen die Finanzinvestoren unheimlich werden. Erst vor einigen Wochen war die Meldung durch die Medien gegangen, der erst 33 Jahre alte texanische Hedge-Fonds-Manager John Arnold habe 2006 ganz allein die kaum vorstellbare Summe von zwei Milliarden Dollar verdient.

Wie kann das angehen? Selbst Wirtschaftsfachleute können kaum erklären, was diese Finanzgesellschaften tun. Jetzt sollen sie auch noch eine Gefahr für das Weltfinanzsystem sein.

Zwei Hedge-Fonds in der Bredouille

Die momentane Schieflage bei zwei Hedge-Fonds der New Yorker Investmentbank Bear Stearns gilt an der Wall Street als Vorbote kommender Fonds-Zusammenbrüche, die "einen breiten Abschwung der Märkte einleiten können'', wie das Wall Street Journal schreibt.

In Deutschland, wo aggressive Fonds seit einigen Jahren vor allem als Aufkäufer von Firmen agieren, ist das Wort von den Heuschrecken zum Inbegriff einer ganzen Branche geworden, die im Ruf steht, mit ruppigen Finanzierungs- und Managementmethoden selbst gute Unternehmen reihenweise zu ruinieren.

Der damalige SPD-Chef Franz Müntefering behauptete 2005, diese neuen Finanzinvestoren fielen "wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter.''

Private-Equity-Fonds gelten seitdem als Jobkiller, weil sie sich gezielt in Unternehmen einkaufen, meist mit Hilfe massiver Kreditfinanzierung, sie auf Rendite trimmen und nach vier bis sieben Jahren zu einem höheren Preis weiterverkaufen. Manchmal geht das auch schneller.

Anders handeln sogenannte Hedge-Fonds. Sie lassen sich auf Risiken ein, die klassische Banken scheuen. Vor allem haben sie meist sehr kurze Anlagefristen.

Sie kaufen von Banken faul gewordene Kredite, sie spekulieren mit Rohstoffen oder Zinsunterschieden in verschiedenen Währungen und machen aus Zehntelprozent-Differenzen viele Milliarden Dollar. Auch sie beteiligen sich an Firmen, die keiner haben will oder bei denen sie Rationalisierungspotenzial vermuten.

Weltweit haben Hedge-Fonds etwa 1.600 Milliarden Dollar investiert. Allein in den ersten Monaten dieses Jahres sind ihnen von Anlegern mehr als 400 Milliarden Dollar zugeflossen.

Ihr Kapital entspricht mehr als dem deutschen Bruttosozialprodukt eines halben Jahres. Würden Hedge-Fonds alle 30 Dax-Konzerne auf einmal schlucken, blieben noch immer 300 Milliarden Dollar übrig. Die Beteiligungsgesellschaften der Private-Equity-Industrie haben etwa weitere 700 Milliarden Dollar zur Verfügung.

Solche Summen und die hohen Risiken, die die Fonds eingehen, aber auch ihre harten Managementmethoden sorgen für breites Misstrauen bei Beschäftigten, Gewerkschaften und vielen Politikern.

Für ihre Kritiker sind die Finanzinvestoren der Ausdruck für den menschenverachtenden globalisierten Kapitalismus. Längst gelten sie als ein Risiko für das Weltfinanzsystem.

Selbst in der angelsächsischen Welt, in der das Vertrauen in den Markt traditionell größer ist als in Deutschland, denken die Politiker darüber nach, die Fonds zu domestizieren.

Die schnellen Fonds sind das Gegenmodell zur schönen alten Welt der Deutschland AG, in der sich Manager und Arbeitnehmer meist darin einig waren, dass die Sicherung der Arbeitsplätze Vorrang hat vor der Gewinnmaximierung.

Wo Private-Equity-Fonds sich ein Unternehmen schnappen, geht schnell die Furcht um. Damit die Fonds üppig verdienen können, müssen die gekauften Firmen in der Regel hart sparen.

Allerdings spielen Manager oder Unternehmer durch eigene Fehler oft den Fonds in die Hände. Vor wenigen Wochen fiel der Autohersteller Chrysler an die Fondsgesellschaft Cerberus.

Ford will seine beiden Weltmarken Volvo und Land Rover loswerden, mit denen er nach mehrjährigem Herumprobieren nichts mehr anzufangen weiß. Auch sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Hände von Finanzinvestoren fallen. Bisher hat kein anderer Autohersteller Interesse an der Übernahme gezeigt. Oft schaffen es Familienunternehmer nicht, ihre Nachfolge zu regeln.

Fonds müssen immer mehr Geld anlegen

Die Fonds, die unter gewaltigem Druck stehen, die ihnen zuströmenden Geldmengen zu investieren, lassen sich keine Gelegenheit entgehen. Der Anlagedruck ist allerdings eines der größten Risiken für die Finanzfonds und die Weltwirtschaft.

Schon mehren sich erste Anzeichen für eine völlige Überhitzung des Marktes. Steigende Zinsen könnten die Geschäfte der Finanzinvestoren in Schwierigkeiten bringen.

Der Umfang der internationalen Fusionen und Übernahmen übertraf bereits 2006 den Wert von 2000, dem letzten Jahr vor dem Zusammenbruch des Internet-Booms. In diesem Jahr wurden weltweit Firmen für 2.300 Milliarden Dollar übernommen. Selbst große Firmen sind vor den Finanzfonds nicht mehr sicher.

Nach Berechnungen von Professor Stephan A. Jansen von der Zeppelin Universität in Friedrichshafen wächst die Konkurrenz zwischen institutionellen Investoren und industriellen Kaufinteressen. Dadurch sind die Aufpreise auf den Börsenwert in diesem Jahr von durchschnittlich 24 auf 36 Prozent gestiegen. Das werde noch weitergehen.

"Ein klassisches Zeichen einer Überhitzung'', meint Jansen. Diese seien seit 1904 in sechs Wellen aufgetreten. Irgendwann fänden die Fonds, die Unternehmen gerne schnell und zu höheren Preisen weiterverkauften, keinen nächsten Abnehmer mehr.

"Dann bricht das Geschäft zusammen'' - und die Börse wird mitgerissen. ,,Es spricht einiges dafür, dass wir Ende nächsten Jahres über eine ähnliche Krise reden wie im Jahr 2001''.

© SZ vom 29.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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