Finanzen kompakt:Einfach weniger Stress

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Die Bundesregierung arbeitet an einem Insolvenzplan für Staaten und die Banken bekommen wohl weniger Stress - weil die Stresstest-Bedingungen aufgeweicht werden. Das Wichtigste in Kürze.

Der mit Spannung erwartete Test der Krisenfestigkeit europäischer Finanzinstitute ist einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zufolge weniger streng als angenommen. Die Kriterien des sogenannten Stresstests seien in Verhandlungen zwischen der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und den europäischen Bankenaufsehern "aufgeweicht" worden, berichtete das Magazin vorab aus seiner neuen Ausgabe.

Der Stresstest fällt wohl weniger streng aus, Ende Juli sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden. (Foto: ag.ddp)

"Die 14 beteiligten großen deutschen Institute müssen die Ergebnisse kaum fürchten", hieß es. Im strengsten der drei Krisenszenarien werde neben einem Konjunktureinbruch zwar auch ein Crash bei europäischen Staatsanleihen simuliert, der etwa im Falle Griechenlands von einem Wertverlust von 20 Prozent ausgehe, berichtet der Spiegel. Berücksichtigen müssten die Banken solche Wertverluste aber nur, wenn sie die Anleihen als kurzfristige und nicht als langfristige Anlage verbucht hätten.

Zudem dürften die Institute mit anderen Abschlägen rechnen, wenn sie nachweisen könnten, dass sie diese Risiken selbst quantifizieren können. Das genannte Krisenszenario geht dem Spiegel zufolge auch von einem Wertverlust portugiesischer (minus elf Prozent), irischer (minus 8,6 Prozent), spanischer (minus 6,7 Prozent), italienischer (minus 4,9 Prozent) oder deutscher (minus 2,3 Prozent) Staatsanleihen aus.

Am 23. Juli werden die Ergebnisse der sogenannten Stresstests veröffentlicht, die Aufschluss über die Widerstandskraft der europäischen Finanzinstitute im Krisenfall geben sollen. Die Großbanken sollen zeigen, wie stark sie unter Druck geraten würden, wenn ihre Geldanlagen plötzlich an Wert verlieren - zum Beispiel, wenn ein Euro-Land wie Griechenland pleite ginge oder die EU in eine schwere Rezession rutschte. Die Finanzminister der Euro- und EU-Staaten beraten darüber am Montag und Dienstag in Brüssel.

Die Bundesregierung arbeitet an einem Insolvenzplan für überschuldete Staaten der Eurozone. Einem Spiegel-Bericht zufolge will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Konzept zur Umschuldung erreichen, dass künftig bei drohenden Staatspleiten nicht allein die Steuerzahler, sondern auch private Investoren ihren Anteil an einem Rettungsplan mittragen. Merkel möchte so verhindern, dass die Zustimmung der Deutschen zum Euro und zur EU weiter bröckelt.

Eine Umsetzung gilt jedoch als schwierig, da für die erforderliche Änderung der Europäischen Verträge jedes einzelne EU-Mitgliedsland seine Zustimmung erteilen müsste. Anlass für die Überlegungen sind die Griechenland-Krise und die daraus entstandene Unsicherheit an den Märkten, die nur durch ein 750 Milliarden Euro schweres Rettungspaket gebannt werden konnte. Für diese Summe, die im Notfall für zahlungsunfähige Euroländer zur Verfügung stünde, bürgen in letzter Instanz die Steuerzahler. Kann ein Euroland seine Schulden nicht mehr bedienen, soll nach Merkels Konzept vereinbart werden, dass die Inhaber von Anleihen des jeweiligen Staates beispielsweise einer Laufzeitverlängerung zustimmen, sich mit niedrigeren Zinszahlungen zufriedengeben oder eine Rückzahlung der Anleihe zu einem Kurs von weniger als 100 Prozent in Kauf nehmen. Im Finanzjargon heißt eine solche Lösung "Haircut" (Haarschnitt). Ein Sprecher des Bundespresseamtes wollte keine Details "zu internen Papieren" nennen. Er bestätigte aber die Forderung der Kanzlerin, ein Verfahren für eine "geordnete staatliche Insolvenz" zu entwickeln.

An diesem Montag kommen in Brüssel die Finanzminister des Euroraums zu einem Treffen zusammen, bei dem auch Konsequenzen aus der Schuldenkrise der Euroländer diskutiert werden sollen.

Die Bank of America hat mitten in der Finanzkrise ihre wahren Risiken verschleiert. Das zeitweise staatlich gestützte Institut räumte gegenüber der US-Börsenaufsicht SEC ein, in den Jahren 2007 bis 2009 mehrere Geschäfte falsch gebucht und so den Schuldenstand rein optisch gedrückt zu haben. Die Bank sprach in einem Brief von "unbedeutenden Ungenauigkeiten". Wie das Wall Street Journal und die Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg berichteten, geht es um insgesamt 10,7 Milliarden Dollar, die an falscher Stelle in den Bilanzen auftauchten. Für die Großbank ist das ein vergleichsweise kleiner Betrag. Allerdings werden derlei Tricksereien für die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers mitverantwortlich gemacht. Die SEC durchleuchtet deswegen seit Monaten alle wichtigen US-Institute.

Es geht um sogenannte Repo-Geschäfte. Diese sind eigentlich ein normaler Vorgang in der Finanzwelt: Banken haben den Großteil des Geldes in langfristige Anlagen investiert. Um für neue Geschäfte flüssig zu bleiben, nehmen die Institute mit diesen Vermögenswerten als Sicherheit kurzfristige Kredite auf. Statt als Schulden hatten aber die Bank of America und Lehman Brothers das Ganze als Verkäufe gebucht. Lehman Brothers hatte sich mit US-Hypothekenpapieren verspekuliert und war 2008 zusammengebrochen.

Durch Geschäfte namens "Repo 105" verschleierte die Bank ihren wahren Zustand. In den Wirren der folgenden Finanzkrise musste die US-Regierung dann der Bank of America mit 45 Milliarden Dollar zur Seite springen. Das Institut hatte sich mit der spektakulären Milliardenübernahme der Investmentbank Merrill Lynch Anfang 2009 verhoben. Die Staatshilfe hat die Bank of America mittlerweile samt Zinsen zurückgezahlt. Auch schreibt sie schon wieder Milliardengewinne. Doch die Verfehlungen der Vergangenheit wiegen schwer. Laufend gelangen neue Vorwürfe über unsaubere Geschäfte an die Öffentlichkeit. Der damals amtierende Konzernchef Kenneth Lewis hat bereits seinen Platz räumen müssen.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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