Finanzaufsicht:Steinbrück stänkert gegen britische Reformgegner

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Mit der Schweiz und Liechtenstein steht Peer Steinbrück bereits auf Kriegsfuß - jetzt attackiert der Finanzminister auch Großbritannien. Der Vorwurf: Blockade bei der Finanzreform.

Peer Steinbrück ist ein Mann, der klare Worte liebt. Die Schweiz und Liechenstein haben dies bereits deutlich zu spüren bekommen. Jetzt könnte der Bundesfinanzminister einen weiteren Staat gegen sich aufbringen. Der SPD-Politiker hat im Stern Großbritannien vorgeworfen, schärfere Regeln für die Finanzmärkte zu blockieren. "Da ist in London klar eine Lobby, die einen Wettbewerbsvorteil mit Zähnen und Klauen verteidigen will", sagte Steinbrück dem Magazin. Er verwies darauf, dass die britische Finanzindustrie 15 Prozent des dortigen Bruttoinlandsprodukts erwirtschafte, in Deutschland seien es hingegen nur sechs Prozent. Die Regulierung von hochspekulativen Hedge-Fonds falle daher "besonders in Großbritannien schwer, um es höflich zu sagen", sagte Steinbrück.

"Da ist in London klar eine Lobby": Peer Steinbrück stänkert gegen Großbritannien. (Foto: Foto: AFP)

Deshalb warb der stellvertretende SPD-Vorsitzende nachdrücklich für die Idee einer internationalen Finanzmarktsteuer. "Jeder Euro, den wir auf den Finanzmärkten einsammeln können, entlastet die Steuerzahler", sagte Steinbrück dem Stern. Es gehe um die "zentrale Frage: Wer zahlt die Zeche?" Es dürfe nicht sein, "dass die Bürger die Kosten schultern müssen, obwohl sie an der Krise nicht schuld waren". Daher müsse die Finanzbranche einen Teil der Kosten tragen.

Der Finanzminister zeigte sich zuversichtlich, dass die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer bei ihrem Gipfel am Donnerstag und Freitag in Pittsburgh Fortschritte erzielen würden. "Wir werden die Spielregeln auf den Finanzmärkten nachhaltig ändern," sagte der Minister. Die Erfahrungen des vergangenen Jahres wolle er nie wieder machen: "Damals wäre uns beinahe eine Dynamitstange um die Ohren geflogen."

Auch die EU will Lehren aus der Finanzkrise ziehen und die Aufsicht über Banken, Versicherungen und Börsen gründlich reformieren. Die EU-Kommission schlug dazu mehrere Verordnungen vor. Drei europäische Behörden und ein neues Aufsichtsgremium der Zentralbanken sollen demnach künftig über die Stabilität des Finanzsystems wachen und in bestimmten Situationen den nationalen Behörden Vorschriften machen können. Die Schwäche der bisher national organisierten Aufsicht sei in der Finanzkrise zutage getreten, erklärte die Kommission.

Zwei Säulen für die Finanzaufsicht

Die Finanzaufsicht in Europa wird künftig auf zwei Säulen aufbauen. Die drei neuen Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und Börsen sollen mit den nationalen Aufsehern in einem Europäischen System für Finanzaufsicht (ESFS) zusammenarbeiten. Die EU-Behörden können zwischen den nationalen Aufsehern vermitteln, wenn diese zum Beispiel bei der Aufsicht über grenzüberschreitende Institute in Streit geraten. Auch soll die EU-Ebene im Krisenfall die Koordination übernehmen. Die neue EU-Wertpapieraufsicht ist zudem für die Überwachung der Rating-Agenturen zuständig.

Zusätzlich wird unter dem Dach der Europäischen Zentralbank ein Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) eingerichtet, der das gesamte Finanzsystem im Auge behalten und Frühwarnungen aussprechen soll. Anders als die neuen EU-Behörden hat der ESRB keine rechtlichen Kompetenzen gegenüber der nationalen Aufsicht. Doch er kann seine Empfehlungen veröffentlichen, und eine Behörde müsste sich rechtfertigen, wenn sie diese nicht befolgt.

Der Verordnung müssen die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament zustimmen.

© sueddeutsche.de/AFP/Reuters/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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