Finale ohne Showdown:Geständnis im Hartz-Prozess vorhersehbar

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Das Drehbuch der Verhandlung sieht ein Geständnis vor - nur dann kann der Angeklagte Peter Hartz mit einer Geldstrafe davonkommen.

Hans Leyendecker

Der Prozess gegen den einstigen VW-Personalchef Peter Hartz soll am heutigen Mittwoch Punkt zehn Uhr im Saal 141 des Braunschweiger Landgerichts beginnen. Normalerweise hat der Saal 90 Plätze. Wegen des erwarteten Andrangs sind diesmal Stühle dazugestellt worden: 64 Presseleute und 50 Zuhörer finden Platz.

Was in diesem auf nur zwei Verhandlungstage angesetzten Prozess passieren wird, ist in weiten Teilen vorhersehbar. Verteidigung, Staatsanwaltschaft und die Vorsitzende Richterin der 6. Strafkammer, Gerstin Dreyer, haben in den vergangenen Wochen überaus detaillierte Vereinbarungen über eine gemeinsame Verständigung getroffen. Das ist keine Lex Hartz, sondern mittlerweile fast schon Alltag in großen Wirtschaftsprozessen.

Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte in einem Beschluss vom 3. März 2005 darauf hingewiesen, dass er solche Urteilsabsprachen auch wegen des "Beschleunigungsgrundsatzes" und der "Prozessökonomie" und angesichts der Überlastung der Justiz "für zulässig und für vereinbar mit der geltenden Strafprozessordnung" halte.

Das Drehbuch des ersten Tages sieht etwa so aus: Schon bald nach Feststellung der Personalien des Angeklagten wird die Braunschweiger Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff den Anklagesatz verlesen.

Bewährungsstrafe plus Geldbuße

Im Anschluss an die vor Gericht üblichen Belehrungen wird Peter Hartz dann erklären, dass er gerne zu einer umfassenden Aussage bereit sei. Er hat ein zweiseitiges Papier mit Angaben über seine persönlichen Verhältnisse vorbereitet, das er der Kammer nach seiner Aussage überreichen wird.

Schon bald darauf wird Frau Dreyer erläutern, wie und warum eine Absprache zwischen den Prozess-Beteiligten zustande kam. Für den Fall eines glaubhaften und umfassenden Geständnisses stellt sie die Strafobergrenze in Aussicht, die der Angeklagte zu erwarten hat : Mit einer Bewährungsstrafe plus einer empfindlichen Geldstrafe muss Hartz rechnen.

Dann wird die Richterin die Verhandlung unterbrechen, anschließend zieht sich die aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffinnen besetzte Kammer zur Beratung zurück. Theoretisch könnten die Laienrichterinnen den Vorschlag ablehnen, aber es gilt die einfache Mehrheit, und nur selten legen sich Schöffen in solchen Fragen quer.

Nach der Pause wird die Verhandlung fortgesetzt. Die Sachfragen wird vermutlich nicht Hartz beantworten, sondern dessen Verteidiger Egon Müller aus Saarbrücken.

Das Gericht wird vermutlich intensiv nach der Beziehung von Hartz zu dem ehemaligen VW-Betriebsratschef Klaus Volkert fragen, dem der frühere VW-Personalvorstand etwa 1,95 Millionen Euro Sonderbonus gezahlt haben soll - plus Entlohnung für dessen damalige Geliebte.

Dieser Sonderbonus ist die Säule der Anklage, und da hat die Kammer neuerdings ein Problem: Strafverfolgerin Wolff hatte sich im Wochenblatt Die Zeit mit dem Satz zitieren lassen, wenn sich Hartz in der Verhandlung nicht an die Verabredungen halten werde und beim Sonderbonus für Volkert nicht "genau" aussage, werde es wohl "auf eine richtige Hauptverhandlung mit richtig vielen Zeugen" hinauslaufen.

Möglicherweise nur zwei Verhandlungstage

Sie hatte durchblicken lassen, dass in diesem Fall auch Prostituierte, mit denen die VW-Hierarchen sich regelmäßig trafen, geladen werden könnten, was Hartz in Panik versetzen würde.

Rechtstechnisch könnte es sich beim Vorgehen der Strafverfolgerin, darauf hat Volkerts Anwalt Johann Schwenn in einem Schriftsatz bereits eilig hingewiesen, um unzulässige Willensbeeinflussung nach Paragraf 136a der Strafprozessordnung handeln. Die Kammer müsste also eigentlich - noch intensiver als in anderen Verfahren - prüfen, was von dem Geständnis des Peter Hartz zu halten ist.

Nach der Mittagspause wird das Gericht wohl erklären, dass die Urkunden im sogenannten Selbstleseverfahren studiert werden sollen. Bei diesem Verfahren erhalten die Schöffinnen und auch die Verteidigung Urkunden wie beispielsweise Vernehmungsniederschriften zur Lektüre.

Damit auch die Öffentlichkeit über einen Teil der Aussagen informiert werden kann - und um den Eindruck eines Geheimprozesses zu verhindern -, wird die Vorsitzende Richterin einige der Vernehmungsniederschriften vorlesen. Dann wird die Verhandlung auf den 25. Januar Punkt zehn Uhr vertagt werden.

An diesem Tag könnte, nach sehr knappen Plädoyers, schon das Urteil verkündet werden.

© Süddeutsche Zeitung vom 17.01.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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