Familienetat:Anspruch und Euros

Lesezeit: 2 min

Ein Erzieher in einer Einrichtung in Nordrhein-Westfalen zeigt den Kindern ein Buch, in dem Zootiere abgebildet sind. Eigentlich hatte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey eine Fachkräfteoffensive versprochen. Bis 2022 sollten ein paar Tausend zusätzliche Ausbildungsplätze finanziert werden. Doch der Haushalt der Ministerin ist dafür nicht ausgestattet. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Der Familienetat bleibt hinter den Ankündigungen von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zurück. Dies zeigt sich zum Beispiel bei den Freiwilligendiensten.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Am 12. September um 14.25 Uhr ist Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) mit ihrem Einzelplan 17 dran, so zumindest sieht es die Tagesordnung des Bundestags für die Haushaltswoche nach der Sommerpause vor. Verglichen mit den Haushaltseckwerten von Ende März hat sich Giffeys Etat, über den dann im Plenum debattiert werden wird, noch einmal leicht erhöht: 11,23 Milliarden Euro hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ihr zunächst zugestanden; im finalen Haushaltsentwurf, den das Kabinett Ende Juni verabschiedet hat, sind knapp 11,81 Milliarden. Die Lücken aber, die sich zwischen so mancher Ankündigung der Ministerin und der entsprechenden finanziellen Untermauerung schon im Frühjahr abgezeichnet hatten, sind nicht verschwunden.

Ein Beispiel: die Freiwilligendienste. Ein reformiertes und deutlich attraktiveres Jugendfreiwilligenjahr hatte die Ministerin Ende 2018 in Aussicht gestellt, für rund eine Milliarde Euro im Jahr. Nachdem schon in den Eckpunkten nichts von einer derartigen Summe zu finden war, lenkte ihr Haus ein und sprach nur noch von einem "konzeptionellen Gegenentwurf" zu einem Pflichtjahr für Jugendliche. Auch der fertige Haushaltsentwurf hält keine besseren Zahlen bereit: Nach knapp 121 Millionen Euro im laufenden Jahr sind für 2020 weiterhin zehn Millionen Euro weniger eingeplant für das freiwillige soziale oder ökologische Jahr. Auch für den Bundesfreiwilligendienst bleibt es 2020 bei gut 167 Millionen Euro, nach gut 207 Millionen im laufenden Jahr.

Dass der große Wurf eines neuen Jugendfreiwilligenjahres in weiter Ferne ist, zeigt auch die Antwort des Ministeriums auf eine Frage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Anna Christmann. Wann denn die Ministerin gedenke, einen Gesetzentwurf für ihr Jugendfreiwilligenjahr vorzulegen, fragte die Sprecherin für bürgerschaftliches Engagement. Das Konzept sei als "Modell der Zukunft zu verstehen", schrieb ihr Giffeys Parlamentarischer Staatssekretär Stefan Zierke in seiner Antwort, es solle zunächst "als Diskussionsgrundlage für einen Abstimmungsprozess" dienen.

"Ministerin Giffey kündigt gerne viel an, ohne einen realistischen Plan für die Umsetzung zu haben", sagt Christmann. Ihr "neues Jugendfreiwilligenjahr" stehe "konträr zu den aktuellen Haushaltsentwürfen". Statt der einst kolportierten einen Milliarde Euro stünden Kürzungen im Entwurf. Das sei ein "fatales Signal" für die Träger der Freiwilligendienste und demotivierend für viele Jugendliche, die keinen Platz bekämen in einem der Programme. Die Grünen forderten eine Verdopplung der Plätze; das Mindeste sei eine Rücknahme der Haushaltskürzungen.

Weit hinter ihren Ankündigungen zurück bleibt Giffey auch bei der Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen. 5000 zusätzliche bezahlte Ausbildungsplätze sollten entstehen, finanziert über 300 Millionen Euro bis 2022. Nach 40 Millionen Euro in diesem Jahr aber sind im Haushaltsentwurf für kommendes Jahr nur 60 Millionen Euro vorgesehen, plus zehn Millionen, die aus einem anderen Haushaltstitel für die Fachkräfteoffensive genutzt werden dürfen. Das ist keine Verbesserung gegenüber den Eckwerten und weit entfernt vom 300-Millionen-Euro-Ziel.

Ein kleiner Lichtblick für Giffey: Der Haushaltstitel, mit dem das Bundesprogramm "Demokratie leben" gegen Menschenfeindlichkeit und Radikalisierung finanziert wird, schlägt im Haushaltsentwurf mit 107,5 Millionen Euro zu Buche. Das ist zwar weiterhin weniger als im laufenden Jahr, aber mehr als im Frühjahr eingeplant war.

© SZ vom 29.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: