Beim Spielzeugkauf sollen sich Verbraucher künftig an einem neuen Nachhaltigkeitsstandard orientieren können, der nach dem Vorbild der Fair Wear Foundation aus der Textilwirtschaft entsteht. Dabei sind sowohl Unternehmen als auch Gewerkschaften und Zivilgesellschaft stimmberechtigt beteiligt und Hauptziel ist eine kontinuierliche Verbesserung der sozialen und ökologischen Zustände in den Produktionsbetrieben. "Mittelfristig soll ein Firmensiegel das Engagement des Unternehmens bestätigen und den Verbrauchern eine Orientierung für eine ethischere Kaufentscheidung geben", sagt Maik Pflaum von der Nichtregierungsorganisation Christliche Initiative Romero (CIR), die mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das Projekt koordiniert. Beteiligt sind gut ein halbes Dutzend mittelständische Unternehmen sowie Vertreter von Verbänden, Gewerkschaften, Kirchen und der Zivilgesellschaft. Bei der Spielzeugmesse wollen sie ihr Vorhaben der Öffentlichkeit vorstellen.
Geht es um Missstände für Arbeiter in Fabriken, ist oft von der Textilindustrie die Rede, aber wenig von Spielzeugfabriken. Dabei liegt dort ebenfalls einiges im Argen, wie zuletzt eine Studie der CIR für China gezeigt hat, dem Hauptproduktionsland von Puppen, Gesellschaftsspielen und sonstigem Spielzeug. Aus China stammen alleine hierzulande rund 70 Prozent der verkauften Spielwaren. Mitarbeiter der Arbeitsrechtsorganisation China Labor Watch untersuchten im CIR-Auftrag dort fünf Fabriken, die für internationale Firmen wie Disney, Mattel und Lego produzieren. Als Hauptproblem erwiesen sich dabei Überstunden: Pro Monat mussten Arbeiter zwischen 60 und 126 unfreiwillige Überstunden machen, deutlich mehr als die 36 laut chinesischem Arbeitsgesetz zulässigen. Miserable Zustände fanden die Aktivisten auch in den Unterkünften für das Personal, wo sich teilweise bis zu 15 Menschen ein Zimmer teilen mussten. In keiner der fünf untersuchten Fabriken erhielten die Arbeiter einen existenzsichernenden Mindestlohn. Die Missstände halten sich, obwohl einige Zulieferer in China aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen inzwischen Probleme haben, Arbeitskräfte zu finden.
Regeln gibt es schon - sie werden aber nicht befolgt
Erstaunlich ist vor allem, dass es diese Missstände in der Spielzeugfertigung noch immer gibt, obwohl einzelne Auftraggeber bereits seit Ende der 90er-Jahre ihren Lieferanten verbindliche Vorgaben für die Produktion machen, etwa die Einhaltung von ILO-Kernarbeitsnormen wie das Verbot von Kinderarbeit. Seit dem Jahr 2004 gibt es mit dem sogenannten ICTI-Care-Prozess auch einen Branchenansatz, der fürs Einhalten grundlegender Arbeitsstandards in den Fabriken sorgen soll. Aber den hätten zuletzt immer weniger Unternehmen genutzt, sagt Uwe Kleinert von der Werkstatt Ökonomie, der Jahre an einer Umfrage in der Branche gearbeitet hat. Es gelinge dem Programm nicht, die Markenfirmen einzubinden, sagt Kleinert. Sein Fazit: "Die Hersteller wälzen die Verantwortung auf die Zulieferer ab."
Da ist die Spielzeugindustrie allerdings keine Ausnahme. Dies gilt für fast alle Unternehmen, die an Billiglohnstandorten fertigen lassen. Ein breites Bündnis aus der Zivilgesellschaft fordert deswegen seit Langem ein Lieferkettengesetz mit verbindlichen Vorgaben für die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten. Im Entwicklungshilfeministerium und im Arbeitsministerium in Berlin wird nun immerhin darüber nachgedacht.
Die Unternehmen, die sich jetzt an der Entwicklung eines Nachhaltigkeitsstandards beteiligen, sind jedenfalls zu mehr Verantwortung bereit. Dazu zählen Hersteller wie Zapf, Sigikid, Kosmos oder Heunec. "Natürlich muss ein existenzsichernder Lohn das Ziel sein, sowie akzeptable Arbeitszeiten und moderate Überstunden", begründet Heunec-Geschäftsführerin Barbara Fehn-Dransfeld ihr Engagement. Seit mehr als einem Jahr laufen die Beratungen für diese Fair-Toys-Organisation. 2020 soll ein Verein gegründet werden. Künftig könnten sich die beteiligten Unternehmen dann auch Aufgaben teilen, etwa gemeinsam einen unabhängigen Beschwerdemechanismus für Arbeiter schaffen, die bei den Zulieferern arbeiten. Entscheidend sei jetzt aber, dass sich noch mehr Unternehmen an dem Projekt beteiligen, sagt Maik Pflaum von CIR.