EZB-Chef Jean-Claude Trichet:Besser als Ben Bernanke

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Hart in der Haltung, aber klar im Kurs: Zentralbankchef Jean-Claude Trichet bekommt Lob für seine Politik - und wird als "European Banker of the Year" ausgezeichnet.

H. Einecke

Manager der Finanzbranche stehen nicht hoch im Kurs. Abschreibungen, Verluste oder gar Pleiten prägen ihren Alltag. Ihre Chefsessel können sich schnell in Schleudersitze wandeln.

Jean-Claude Trichet hat den Ernst der Lage richtig eingeschätzt, urteilen europäische Journalisten. (Foto: Foto: Reuters)

Da tun sich Juroren schwer, die den besten Bankmanager in Europa küren sollen. Sie laufen Gefahr, dass es den Manager bei der Verleihung des Preises nicht mehr gibt oder seine Bank in Turbulenzen steckt.

Vor diesem Problem stand auch die Gruppe europäischer Journalisten, die wie jedes Jahr die Auszeichnung "European Banker of the Year" zu vergeben hatte. Ihre Wahl fiel auf Jean-Claude Trichet, den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB). Zumindest eines ist sicher: Der Bestand der EZB ist gesetzlich fest verankert.

Laudatio vom "Mister Euro"

Die Laudatio am Dienstagabend im Kaisersaal des Frankfurter Rathauses wird Jean-Claude Juncker halten. Der Luxemburger Premier und Vorsitzende der Finanzminister der Euro-Gruppe war in der Vergangenheit oft Trichets Gegenspieler. Die beiden wetteiferten um den Titel "Mister Euro". Trichet gewann zunächst, aber Juncker hat mit der Wahl zum Chef der Euro-Gruppe vor einem Monat nun aufgeholt.

In der Begründung für die Auszeichnung wird der EZB-Präsident für seinen Mut und seine transparente Politik gewürdigt. Seine Signale würden Marktteilnehmern helfen, sich rechtzeitig auf das Handeln der EZB einzustellen. Das gelinge Trichet zuweilen besser als der amerikanischen Notenbank Fed und ihrem Präsidenten Ben Bernanke.

Das tatsächliche Ausmaß der Krise hätte die europäische Notenbank frühzeitig erkannt, den Ernst der Lage richtig eingeschätzt und entsprechend reagiert. Während die Fed zauderte, habe sich die EZB für eine beherzte und gut koordinierte Vorgehensweise der führenden Notenbanken stark gemacht, um die Vertrauenskrise angemessen zu parieren. Anstelle einer überhasteten Senkung der Zinsen - wie in den USA - legte die EZB erst einmal eine Zinspause ein.

Ein Lob, das Trichet freuen dürfte. Denn für seine harte Haltung in der Zinspolitik muss er jetzt Kritik einstecken: Viele drängen auf eine Lockerung der Zinszügel. Am Donnerstag trifft sich der EZB-Rat; dass er dem Drängen nachgibt, wird nicht erwartet.

Noch ein anderes Lob dürfte Trichet freuen. Er habe die Unabhängigkeit der Notenbank gegenüber der Politik verteidigt, urteilten die Juroren. Anfangs hatte es Befürchtungen gegeben, der Franzose Trichet werde im Euroraum eine "französische Zentralbankpolitik" betreiben.

Das glaubt inzwischen niemand mehr, und die Spannungen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy haben Trichet noch gestärkt. Für ihn ist es nicht die erste Auszeichnung. Angelsächsische Medien hatten ihn bereits zum "Policy Maker of the Year" und zur "Person of the Year" gekürt.

© SZ vom 30.09.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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