Europäische Investitionsbank:Runter vom Gas

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Rohre an der Baustelle einer Gaspipeline in Brandenburg: Die EIB fördert solche Projekte nicht mehr. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Das EU-Institut EIB will keine Gasmeiler mehr finanzieren - für das Klima. Für grüne Projekte gibt es eine Billion Euro.

Von Björn Finke, Brüssel

Die Sitzung des Verwaltungsrats begann bereits am Morgen. Doch die Debatte war schwierig, und so konnte das Gremium erst am Donnerstagabend entscheiden. Am Ende stimmte dann die große Mehrheit der neuen Kreditpolitik der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu. Die Förderbank, die den EU-Staaten gehört, wird daher von 2022 an keine Gaskraftwerke oder -pipelines mehr unterstützen, dem Klimaschutz zuliebe. Geld für Kohlemeiler stellt das Luxemburger Institut - eine der größten Banken der Welt - schon lange nicht mehr zur Verfügung, genauso wie viele andere internationale Entwicklungsbanken, etwa die Weltbank. Die EIB ist aber nun das erste dieser Förderinstitute, das auch Gas ächtet.

Klimaschützer sind begeistert: Der Verein Urgewald nennt den Beschluss ein "großartiges Signal", der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss sagt, die Bank setze "Maßstäbe und präsentiert sich als Vorreiterin". Doch einigen EU-Regierungen geht der Eifer zu weit. Im Verwaltungsrat stimmten die Vertreter von Polen, Ungarn und Rumänien gegen den Vorschlag der Bankführung, weil sie sich noch länger Unterstützung für Gasprojekte wünschen. Die Bundesregierung war anfangs ebenfalls skeptisch. Die Koalitionspartner Union und SPD konnten sich in Berlin zunächst nicht auf eine Linie einigen - Folge wäre eine Enthaltung gewesen. Italien sah das rasche Aus fürs Gas ebenfalls kritisch. Nachdem die Bank den Entwurf leicht abgeändert hatte, konnten Rom und Berlin den Plan aber unterstützen.

Die Bundesregierung konnte sich erst nicht auf eine Linie einigen

Das war wichtig, denn Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind die größten Aktionäre des Instituts. Sie halten jeweils gut 16 Prozent der Anteile - und damit der Stimmrechte im Verwaltungsrat. Die restlichen Aktien entfallen auf die übrigen EU-Mitgliedsländer. Aufgabe der Bank ist es, mit günstigen Darlehen den Bau von Kraftwerken, Straßen oder Datenleitungen zu fördern. Kleinen Unternehmen stellt sie ebenfalls Geld bereit, außerdem ist das 1958 gegründete Staatsinstitut ein wichtiger Finanzier von Klimaschutzprojekten.

Um den Gasfreunden im Verwaltungsrat entgegenzukommen, verschob das Management das Aus für den Energieträger um ein Jahr. Ursprünglich sollte Ende 2020 Schluss sein, nun ist es Ende 2021. Die Bank nimmt allerdings schon jetzt keine neuen Förderanträge mehr an. Lediglich Projekte, die bereits geprüft werden, kann das Geldhaus noch bis Dezember 2021 freigeben. Ausnahmen sind nur vorgesehen für Gaskraftwerke, die sehr wenig Klimagase ausstoßen. Der Grenzwert ist aber so niedrig gesetzt, dass er mit bestehender Technik nicht erreicht wird.

Außerdem will die Bank weiter in Pipelines investieren, wenn diese klimafreundliche Gase wie Wasserstoff transportieren sollen. Klimaschützer warnen jedoch, Länder könnten diese Regelung als Schlupfloch nutzen, um weiter günstige Darlehen für Pipelines zu erhalten, die auch Erdgas durchleiten. Der Grünen-Europaabgeordnete Bloss sagt, er werde die Klauseln "kritisch prüfen".

2025 soll die Hälfte der ausgereichten Kredite an grüne Projekte gehen

Ein weiteres Zugeständnis der Bank ist, Ökostrom-Projekte noch großzügiger zu fördern, als ohnehin vorgesehen war. Das soll den Abschied von Gaskraftwerken vereinfachen. Die Bank plant allerdings ohnehin, massiv in Öko-Energie und Klimaschutz zu investieren. Im Jahr 2025 soll die Hälfte der ausgereichten Kredite an grüne Projekte gehen - der Anteil würde sich damit fast verdoppeln. Zudem verspricht Bankpräsident Werner Hoyer, früher FDP-Staatssekretär, in den zehn Jahren von 2021 bis 2030 insgesamt eine Billion Euro für klima- und umweltfreundliche Vorhaben zu mobilisieren. Das sind 100 Milliarden Euro pro Jahr.

Das Institut übernimmt bei Projekten aber immer nur die Rolle des Co-Finanziers. Es würde 30 bis 35 Milliarden Euro jährlich an billigen Darlehen für grüne Investitionen bereitstellen, den Rest - 65 bis 70 Milliarden Euro - steuern dann andere Geldgeber bei, etwa Geschäftsbanken. Hoyer sagt, die EIB verfolge jetzt "die ehrgeizigste Klima-Investment-Strategie" aller Staatsbanken weltweit. Das sei ein Riesenschritt für das Institut.

Ein Riesenschritt, den die Politik auch erwartet: Ursula von der Leyen, die designierte Präsidentin der EU-Kommission, will die EIB in die "Klimabank Europas" verwandeln, wie sie sagt. Die eine Billion Euro Investment in grüne Vorhaben sind wichtiger Teil ihres Versprechens, die EU zum Vorreiter beim Klimaschutz zu machen. Das Ende für Gas-Kredite ist für die EIB also nur der Anfang.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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