EU-Fördermittel:Tür nach Europa

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Auch die Pharmafirma Teva profitiert von dem Projekt. (Foto: Jim Hollander/dpa)

Israel arbeitet an einer Fortsetzung des EU-Forschungsprojekts Horizon 2020. Vor dem ersten Zuschlag war es 2014 allerdings zu Differenzen gekommen.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Nili Shalev pendelt in diesen Wochen häufig zwischen Tel Aviv und Brüssel. Die Israelin will sicherstellen, dass ihr Land weiterhin am Forschungsprogramm der EU teilnehmen kann. Das Programm Horizon 2020, das mit insgesamt 80 Milliarden Euro dotiert ist, läuft nach sieben Jahren aus. Die Modalitäten für das Nachfolgeprojekt sind noch nicht geklärt. Israel war 2014 das erste Land außerhalb Europas, das ein Assoziierungsabkommen zur Teilnahme an Horizon 2020 abgeschlossen hat. "Ich hoffe, dass wir weiter dabei sind, wir sind noch in Gesprächen darüber. Diese Partnerschaft bringt beiden Seiten etwas", erklärt die Koordinatorin der israelisch-europäischen Zusammenarbeit im Forschungs- und Entwicklungsbereich bei einem Gespräch in Tel Aviv.

Seit 2014 wurden 10 000 Vorschläge von israelischen Firmen und Institutionen eingereicht, davon wurden rund 1300 Projekte akzeptiert. Wenn das Programm Ende des Jahres nach sieben Jahren ausläuft, werden rund 1,3 Milliarden Euro in Forschungsprojekte in Israel und in eine intensivierte Zusammenarbeit geflossen sein. Bis zum Jahresende 2019 waren es 950 Millionen Euro.

Israel bezieht in dem Projekt Geld aus dem EU-Topf und beteiligt sich in ungefähr gleichem Ausmaß selbst an der Finanzierung. Wer in dieser Periode wie viel gezahlt hat, wird erst Ende 2020 genau feststehen. Eine Studie versuchte, die Auswirkungen dieser Innovationsförderung auf Israels Bruttoinlandsprodukt zu schätzen. Die Effekte wurden auf 580 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Shalev ist davon überzeugt, dass dieses Programm auch eine stärkere Hinwendung der israelischen Forschungsinstitute und Unternehmen Richtung Europa bewirkt hat, weil dies zu den Teilnahmebedingungen gehöre. Israelis hätten sich europäische Partner gesucht und auch den dortigen Markt ins Visier genommen. "Traditionell ist Israel stärker in Richtung USA orientiert. Das hat sich durch das Programm geändert, hier wird die Tür zu Europa geöffnet", meint Shalev, die mit ihrem Direktorat aus 16 Mitarbeitern Ansprechpartnerin in Israel ist.

Schwerpunkte der Förderung sind die Informationstechnologie, der Gesundheitsbereich sowie die Abfallwirtschaft. Die Vorteile seien für Institutionen wie das Technion in Haifa, die führende Technische Universität des Landes, dass sie Zugang zu europäischen Partnern bekämen und mehr in Exzellenz investiert werde. Israelische Unternehmen könnten länger forschen und Produkte stärker hin zur Marktreife vorantreiben. Davon profitieren etablierte Betriebe wie das auf Computernetzwerke spezialisierte Unternehmen Mellanox oder der Pharmakonzern Teva. Nutznießer sind aber auch Start-ups. Israel gilt als das Land, das gemessen an der Bevölkerung mit insgesamt 6470 die höchste Start-up-Dichte aufweist. Forschungsgelder sollen dazu beitragen, dass Produkte weiter entwickelt und Start-ups nicht so rasch nach der Gründung verkauft werden.

Bereits seit 1996 ist Israel mit den EU-Forschungs- und Innovationsprogrammen assoziiert. Das Vorgängerprogramm von Horizon 2020, das ebenfalls sieben Jahre lief, unterstützte 1500 Projekte in Israel. Rund 780 Millionen Euro aus der EU-Forschungsförderung gingen an Teilnehmer in Israel, das seinerseits das Programm mit über 530 Millionen Euro förderte.

Erst nach monatelangen Verhandlungen war es im Juni 2014 zu einem Abschluss über Israels Teilnahme an Horizon 2020 gekommen. Die EU hatte zum Ärger Israels eine Territorialklausel aufgestellt, damit europäische Fördermittel nicht direkt oder indirekt israelischen Siedlungen in den seit 1967 besetzten oder annektierten Gebieten im Westjordanland, in Ostjerusalem und auf den Golanhöhen zugutekommen. Ein Kompromiss sah vor, dass Israel in einem Zusatz erklärt, diese Richtlinien nicht anzuerkennen. Die EU sieht die Siedlungen als Hindernis für Frieden mit den Palästinensern und eine Zweistaatenlösung.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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