EU:Das Ende des Roaming

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Nur noch bis Mitte des Jahres müssen Handynutzer im EU-Ausland mehr zahlen. Verbraucher und Politiker haben zehn Jahre lang gestritten.

Von Markus Mayr, Brüssel

Es ist soweit: Mit dem Handy zu telefonieren kostet daheim bald genau so viel wie im EU-Ausland. Das gleiche gilt fürs SMS-Schreiben und für mobiles Surfen im Internet. Vom 15. Juni dieses Jahres an gibt es keine Roaming-Gebühren mehr. In der Nacht zum Mittwoch haben sich Vertreter des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten darauf geeinigt, sie für Mobilfunkkunden gänzlich abzuschaffen. Der Jubel darüber ist bei Kunden und Verbraucherschützern groß. Die Deutsche Telekom bezeichnete die Regulierung als unnötig und unverhältnismäßig. Mit der neuen Roaming-Regulierung werde ein "funktionierende Marktmechanismus unnötig ausgehebelt und durch regulierte Preise ersetzt", erklärte ein Telekom-Sprecher.

Die Roaming-Gebühren waren bei Handynutzern verhasst. Um sie endgültig abschaffen zu können, mussten sich das Parlament, der EU-Ministerrat und die EU-Kommission auf die Höhe jener Gebühren verständigen, die sich Telefonanbieter untereinander für die Nutzung ihrer Mobilfunknetze berechnen dürfen. Die erzielte Einigung peilt nun darauf ab, diese Gebühren teils drastisch zu senken. So darf ein ausländischer Anbieter der Deutschen Telekom künftig nur noch 3,2 Cent pro Minute berechnen, in der einer ihrer Kunden in seinem Netz telefoniert. Eine SMS darf die Telekom dann nur noch einen Cent kosten. Und für ein Gigabyte Daten, die ein Telekomkunde sich aus einem ausländischen Netz saugt, darf die Telekom von Mitte Juni an nurmehr 7,70 Euro zahlen müssen. Schrittweise soll dieser Betrag bis zum Ende des Jahres 2021 auf 2,50 Euro sinken.

Zehn Jahre lang stritten Verbraucher und Politiker innerhalb der Europäischen Union

Zuletzt kostete eine Auslandsminute die Anbieter höchstens fünf Cent, eine SMS zwei Cent, ein Gigabyte Daten aber bis zu 50 Euro. Die neuen Preise sollen nun so niedrig sein, dass die Anbieter ihren Kunden das grenzübergreifende Telefonieren ohne Aufschlag auf die monatliche Rechnung anbieten können. Zugleich sollen sie aber auch die Kosten jener Anbieter decken, die ihr Netz einem ausländischen Kunden zur Verfügung stellen. "Das war das letzte Puzzleteil", sagte Andrus Ansip, der fürs Digitale zuständige Vizepräsident der EU-Kommission.

Zehn Jahre lang stritten Verbraucher und Politiker innerhalb der Europäischen Union über die Roaming-Gebühren. 2007 wurde erstmals eine Obergrenze festgelegt, 49 Cent pro Minute. Seitdem wurde diese schrittweise gesenkt, zuletzt im April. Gegen Ende des Sommers hatte der damalige Digitalkommissar Günther Oettinger dann vorgeschlagen, die Roaming-Gebühren wegfallen zu lassen, aber nur für 90 Tage im Jahr - um Missbrauch vorzubeugen. Weil die Preise für Sim-Karten und Mobilfunkverträge sich in den EU-Staaten teils massiv unterscheiden, befürchtete Oettinger, dass manche Kunden in ihrem Heimatland dauerhaft mit günstigeren ausländischen Tarifen telefonieren könnten - auf Kosten der Anbieter.

Nach heftiger Kritik sah die Kommission von diesem Vorschlag ab. Stattdessen sollten die Konzerne das Recht bekommen, gegen solchen Missbrauch vorzugehen. Das wiederum beförderte die Kritik, die Konzerne könnten sich zu einer Roaming-Polizei werden, die ihren Kunden höhere Gebühren berechnet, sollte sie Missbrauch wittern.

Die neue Regelung jedoch soll Mobilfunkkunden und Anbieter gleichermaßen zufriedenstellen. Oettinger zufolge sind nun auch "die Betreiber gegen einen Missbrauch der Bestimmungen gewappnet": über das Prinzip des Wohnorts oder der stabilen Verbindung. Nach den bisherigen Gesetzvorschlägen wären Monteure, Geschäftsreisende oder Erasmus-Studierende - Menschen die oft und lange im Ausland sind - leicht unter den Verdacht geraten, die Gebühren-Freiheit zu missbrauchen. Die Verbindung aber, die sie mit ihrem Telefon oder Tablet in die Heimat halten, erhebt sie über diesen Verdacht.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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