EU-Ausschuss:Rabatz um die Röhren

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Die EU streitet mal wieder, welche Zukunft Gas haben soll. Dabei geht es um Gaspipelines und -terminals, welche die Kommission bevorzugt genehmigen will - für einen einheitlichen Strom-und Gasmarkt auf dem Kontinent.

Von Björn Finke, Brüssel

Die Liste ist 19 Seiten lang, nennt 151 Vorhaben in Europa - und provoziert Ärger: Der Energieausschuss des Europaparlaments beschäftigte sich mit der Auflistung von "Projekten von gemeinsamem Interesse" der EU-Kommission. Die Behörde stellt hier grenzüberschreitende Energievorhaben zusammen, die einen einheitlichen Strom- und Gasmarkt auf dem Kontinent schaffen oder Ziele wie Versorgungssicherheit und Klimaschutz erreichen sollen. Solch eine Tabelle wird alle zwei Jahre erarbeitet; was auf die Liste kommt, profitiert von einfacheren Genehmigungsverfahren und teilweise von EU-Hilfsgeldern.

Die Grünen im Europaparlament wollten die Liste zurückweisen, doch dafür gab es am Mittwoch im Ausschuss keine Mehrheit. Im Februar wird das gesamte Parlament dazu beraten. Den Grünen missfällt, dass die Kommission auf die Liste neben Stromtrassen und Pumpspeicherkraftwerken auch Gaspipelines und -terminals gesetzt hat. Gaskraftwerke blasen Klimagase in die Atmosphäre - aber weniger als Kohlemeiler -, und die EU hat sich vorgenommen, den Ausstoß kräftig zu verringern.

Michael Bloss, der für die deutschen Grünen im Ausschuss sitzt, klagt, dass mit den Gasprojekten "am Klima und am Energiemarkt der Zukunft vorbei" investiert werde. Der Gasverbrauch sinke und werde mit dem grünen Umbau der Wirtschaft weiter fallen. "Statt das Geld in ein Milliardengrab zu schieben, benötigen wir eine Erneuerung der Energieinfrastruktur, die auf klimafreundliche Energien gemünzt ist", fordert er. Der CDU-Europaabgeordnete Markus Pieper widerspricht: Die Zahl der Gasprojekte sei im Vergleich zur Vorgängerliste stark gesunken. "Was noch drauf ist, ist nötig, um in einigen Teilen Europas die Grundversorgung zu sichern", sagt er. "Ich teile die Sorge um den Klimawandel, doch man sollte nicht mit Aktionismus alles kurz und klein schlagen."

Es ist nicht der erste Disput über die Zukunft von Gas. Im Herbst stritten die EU-Staaten über die neue Kreditpolitik der Europäischen Investitionsbank (EIB), der Förderbank der EU. EIB-Präsident Werner Hoyer schlug vor, von 2021 an keine Gaskraftwerke und -pipelines mehr mit günstigen Darlehen zu bedenken. Wegen des Widerstands mancher Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, verschob die EIB das Aus für Gas schließlich um ein Jahr.

Heftige Debatten ums Gas gab es ebenfalls bei der sogenannten Taxonomie für grüne Investments. Die EU will mit diesem weltweit ersten Klassifizierungssystem verhindern, dass zum Beispiel Fondsanbieter angeblich grüne Investmentprodukte herausgeben, deren Geld aber auch an Firmen fließt, die nicht umweltfreundlich arbeiten. Zu den Streitpunkten gehörte, ob Gaskraftwerke grün sind. Der Einigung zufolge können diese nun zumindest als Übergangstechnologie gelten.

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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