Experten des Euro-Schutzschirms ESM schlagen in der Debatte über eine Reform des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes eine höhere Schuldengrenze vor. Die Ökonomen plädieren dafür, die Grenze für den gesamtstaatlichen Schuldenstand von den maximal erlaubten 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 100 Prozent der Wirtschaftsleistung anzuheben. Das maximal zulässige jährliche Haushaltsdefizit soll unverändert bei drei Prozent bleiben. Die Autoren formulieren einen "Zwei-Säulen-Ansatz", der eine Obergrenze für das Haushaltsdefizit von drei Prozent und einen Referenzwert für den gesamtstaatlichen Schuldenstand von 100 Prozent verwendet, der eine Ausgabenregel beinhalte. Die Ausgabenobergrenze solle sich am Trendwachstum eines Landes orientieren. Eine Reform des Paktes sei ohne eine Vertragsänderung möglich.
Wegen der Corona-Krise sollen die Schulden- und Defizitregeln nach bisherigem Stand auch 2022 ausgesetzt bleiben. Genutzt wurde die im Pakt vorgesehene allgemeine Ausweichklausel für den Krisenfall. Nach der Aufnahme von Rekordschulden in der Corona-Pandemie will die EU- Kommission aber die Haushaltsregeln vereinfachen. Schulden müssten schrittweise und auf eine realistische Art reduziert werden, um Wachstum nicht zu gefährden. Die Vorschriften wurden nach der Finanzkrise 2011 und 2013 nachgeschärft, gelten aber als kompliziert und oft politisch kaum durchsetzbar.