Erbschaftsteuerreform:"Zustimmung nicht in Sicht"

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SPD und Grüne erwägen, die Reform der Erbschaftsteuer zu stoppen. Baden-Württemberg möchte aber schnell Rechtssicherheit.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Bei den Grünen und in der SPD wächst der Widerstand gegen das umstrittene Reformgesetz zur Erbschaft- und Schenkungsteuer. Beide Parteien sondierten am Mittwoch Varianten, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen. "Wir sind überzeugt, dass das Gesetz in mehr als einem Punkt verfassungswidrig ist und nachgebessert werden muss", sagte Lisa Paus, Finanzexpertin der grünen Bundestagsfraktion in Berlin. Aus den grün-regierten Ländern verlautete, eine Zustimmung zum Gesetz "sei nicht ins Sicht". Die Grünen in Bund und Ländern wollten am Abend sondieren, ob und wie das Gesetz zügig nachgebessert werden könnte. Die grünen Finanzministerinnen aus Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Bremen sollten am Mittwochabend mit der grünen Fraktionsspitze in Berlin über eine gemeinsame Linie beraten. Konkret geht es darum, ob die Grünen mit ihrer Stimmenmehrheit im Bundesrat das Gesetz bei der geplanten Abstimmung am 8. Juli stoppen und einen Vermittlungsausschuss beantragen.

Die Grünen sind sich einig, dass der zwischen den Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD gefundene Kompromiss schwere Mängel enthält. Dennoch hat Baden-Württemberg mit dem hohen Anteil an Firmenerben großes Interesse daran, den Unternehmen mindestens Rechtssicherheit zu garantieren. "Wir prüfen", sagte der Sprecher von Ministerin Edith Sitzmann. Ähnlich äußerte sich die Landesregierung in Hessen. Monika Heinold, Ministerin in Schleswig-Holstein, ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass die Grünen das umstrittene Gesetz nachbessern wollen. "Eine Kostenfolgeabschätzung des durch die Regierungsfraktionen geänderten Gesetzentwurfes ist als Entscheidungsgrundlage für die Länderkammer zwingend", sagte Heinold. "Wer ein Gesetz durch den Bundesrat bringen möchte, muss zumindest sagen können, wie die finanzielle Auswirkung ist und ob es verfassungskonform ist".

Auch sozialdemokratisch regierte Länder prüfen einen Vermittlungsausschuss. "Es gibt keinen Anlass, das Ergebnis von schwer erträglichem Lobbyismus, vor allem mithilfe der CSU, zufrieden zur Kenntnis zu nehmen", sagte Norbert Walter-Borjans, Finanzminister in Nordrhein-Westfalen. Er halte "eine genaue Prüfung aus dem Blickwinkel von gerechter Beteiligung reicher Erben an der Finanzierung unseres Gemeinwesens, von Verfassungskonformität und fiskalischer Wirkung für geboten, bevor der Bundesrat sich festlegt". An diesem Donnerstag treffen sich die Finanzminister der Länder turnusmäßig in Berlin. Am Rande soll über das weitere Vorgehen hinsichtlich der Erbschaftsteuer beraten werden. Sollten Grüne und SPD einen Vermittlungsausschuss durchsetzen wollen, würde sich das parlamentarische Verfahren mindestens bis Herbst verzögern.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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