Erben und Vererben:Teure Schlamperei

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Kleine, aber wichtige Ergänzungen in der Lebensversicherungspolice machen das Leben leichter - und manchmal auch den Tod eines Angehörigen. (Foto: imago)

Wenn Lebensversicherungen vermacht werden, gibt es oft Streit unter den Familienangehörigen - unnötigerweise.

Von Anne-Christin Gröger, Köln

Geschwister zerstreiten sich bis aufs Blut, Ehefrauen fahren die Krallen aus, Enkel hetzen die Anwälte aufeinander los: Wenn es ums Erben geht, kennen die Deutschen kein Pardon. Viele einst intakte Familien haben sich wegen des lieben Geldes hoffnungslos zerstritten. Solche Dramen können Erblasser nicht immer vermeiden. Sie können aber vorbeugen, wenn sie beim Vererben der Lebensversicherung einige Grundregeln beachten.

Wer nicht genau festlegt, wer das Geld im Todesfall bekommen soll, begeht einen groben Fehler, der regelmäßig zu Streit zwischen den Hinterbliebenen führt. Dieser Streit wäre sehr einfach zu vermeiden, sagt Peter Konrad, der Fachanwalt für Versicherungsrecht und Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist.

"Viele Versicherungsnehmer sind ungenau bei der Angabe des Bezugsberechtigten", sagt er. "Sie schreiben ,die Erben' oder ,der Ehepartner' in den Versicherungsvertrag und glauben, damit ist alles geregelt." Ein Irrtum. Steht beispielsweise nur "die Erben" im Vertrag, hätten alle tatsächlich ermittelten Erben Anspruch auf die Leistung aus der Versicherung. "Ist im Vertrag von den 'gesetzlichen Erben' die Rede, sind nur die Personen bezugsberechtigt, die nach der gesetzlichen Erbfolge Erben gewesen wären, das wären in der Regel Eltern, Kinder und Enkel."

Streit gibt es oft auch, wenn ein Versicherungsnehmer nach einer Scheidung ein zweites Mal heiratet und nicht klar in den Vertrag schreibt, welcher Ehepartner das Geld nach seinem Tod bekommen soll. "Ist der Bezugsberechtigte nicht namentlich genannt, bekommt in der Regel derjenige das Geld, der zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses mit dem Versicherungsnehmer verheiratet war, sagt Konrad.

Deswegen ist es wichtig, den oder die Bezugsberechtigten immer mit Namen und Geburtsdatum in den Versicherungsschein einzutragen, rät der Anwalt. "Das ist eindeutig." Versicherungsnehmer sollten die Verträge nicht in der Schublade verstauben lassen, sondern regelmäßig prüfen, ob die Bezugsberechtigten noch die richtigen sind. "Manchmal sind die Verträge vor dreißig Jahren abgeschlossen worden, der Versicherungsnehmer weiß gar nicht mehr, wen er als Bezugsberechtigten eingetragen hat." Wer nach einer Scheidung ein zweites Mal heiratet oder die Kinder der neuen Partnerin oder des neuen Partners berücksichtigen will, sollte das gegebenenfalls im Vertrag vermerken lassen. Eine schriftliche Mitteilung an den Versicherer genügt dafür.

Missratene Kinder oder untreue Ehepartner können aus dem Vertrag gestrichen werden

Generell wird im Erbrecht unterschieden zwischen widerruflichem und unwiderruflichem Bezugsrecht. "Wer als unwiderruflich Bezugsberechtigter eingetragen ist, hat im Todesfall des Versicherungsnehmers auf jeden Fall das Recht auf die Leistung aus der Versicherung", sagt Susanne Lindemann von der Provinzial Nordwest. "Dieses Recht kann er auch nicht gegen seinen Willen verlieren. Nur wenn der Bezugsberechtigte zustimmt, kann der Versicherungsnehmer dessen Namen aus dem Vertrag streichen."

Ein Vorteil des unwiderruflichen Bezugsrechts: Bei einer Privatinsolvenz des Versicherungsnehmers ist das Geld vor dem Insolvenzverwalter sicher. Der hat nämlich das Recht, Handlungen von insolventen Privatleuten anzufechten, die einzelne Gläubiger unrechtmäßig bevorteilen. Damit mehren die Verwalter die Insolvenzmasse und sorgen dafür, dass sie gleichmäßig auf alle Gläubiger verteilt wird. Das Gleiche gilt auch für bankrotte Unternehmen. Diese Variante wird allerdings nicht so oft gewählt, berichtet Lindemann von der Provinzial. Viel häufiger ist das widerrufliche Bezugsrecht. "Versicherte können den oder die Bezugsberechtigten ihrer Lebenspolice so oft ändern wie sie möchten", sagt sie. Missratene Kinder können aus dem Vertrag ebenso wieder gestrichen werden wie untreue Ehepartner. Wer hingegen "eheliche Kinder" in den Vertrag schreibt, stellt sicher, dass nur seine eigenen Kinder erben. Wichtig: Eine Umstellung des widerruflichen Bezugsrechts in ein unwiderrufliches Recht ist laut Konrad jederzeit möglich.

Anwalt Konrad rät Versicherungsnehmern, sich mit einem gewünschten Begünstigten über Kreuz zu versichern, um Steuern zu sparen. Ein Beispiel: Der Mann schließt eine Lebensversicherung auf das Leben der Frau ab. Er ist im Todesfall der Begünstige. Stirbt die Frau, bekommt der Mann die vorher vereinbarte Kapitalauszahlung. Die Frau macht das Gleiche, sie versichert das Leben des Mannes, um als Begünstigte im Fall seines Todes Geld zu bekommen. "In diesem Fall ist das ausgezahlte Geld erbschaftsteuerfrei", sagt er. "Allerdings muss der jeweils andere damit einverstanden sein, sonst wäre kriminellen Handlungen Tür und Tor geöffnet."

© SZ vom 31.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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