Entwicklungsländer:Schlecht verbunden

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Die strengere Regulierung bringt es mit sich: Viele Banken kappen ihre Beziehungen zu ausländischen Geldhäusern. Das trifft vor allem den Handel mit Afrika - mit gravierenden Folgen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wer steckt wirklich hinter einem Landwirtschaftsbetrieb in Ägypten oder einem Stoffproduzenten in Kenia? Solche Fragen müssen Banken heute gründlicher beantworten als früher. Das dient der Bekämpfung von Terror-Finanzierung, Steuerhinterziehung oder Geldwäsche. Insofern würde sich wohl niemand in der weltweiten Finanzbranche ernsthaft dafür aussprechen, diese Regeln (man nennt sie "KYC", das steht für "Know your Client" oder "Kenne deinen Kunden") wieder aufzuweichen. Und doch haben die Vorgaben unerwartete Folgen - und die betreffen vor allem Entwicklungsländer.

Im Kern geht es darum, dass viele Banken weltweit ihr Netz an Korrespondenzbanken stark ausgedünnt haben, und zwar vor allem in Afrika, aber auch in anderen Regionen. Korrespondenzbanken sind Partnerbanken, über welche die Geldhäuser die Finanzierung des Außenhandels der heimischen Wirtschaft abwickeln. Diese Bankpartner aber müssen die hiesigen Geldhäuser ebenfalls durchleuchten, nicht nur den Kreditnehmer. Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IFW), schlug bereits Alarm. "Das Korrespondenzbank-Geschäft ist wie das Blut, das Nährstoffe in verschiedene Teile des Körpers transportiert", sagte sie. Viele IWF-Mitglieder in Afrika, der Karibik, Zentralasien und dem Pazifik hätten jedoch Angst um ihre "finanzielle Lebensader".

Die zur Weltbank gehörende Entwicklungsbank International Finance Corporation (IFC) schrieb diesen Herbst, die Verkleinerung der Partnerbankennetze gefährde nicht nur die wirtschaftliche Stabilität, sondern auch Entwicklungsziele. Ohne Korrespondenzbanken seien oft weder Handel noch Überweisungen möglich, viele Familien seien abgeschnitten von wichtigen Einkommensquellen. Die Welthandelsorganisation WTO schätzt die unter anderem darauf zurückzuführende weltweite Handelsfinanzierungslücke auf 1,4 Billionen Dollar, wovon 120 Milliarden Dollar auf Afrika entfielen. Die Finanzierungslücke drohe sich sogar zu vergrößern, so die IFC. Laut einer Umfrage unter 300 Banken in 92 Ländern hätten 2016 mehr als ein Viertel der Befragten ihre Korrespondenzbankenbeziehungen weiter gekappt. Im Vergleich zu den Vorjahren habe sich dies sogar beschleunigt. Die Ratingagentur Moody's schreibt in einer Studie über Afrikas Banken, deren Verlust an Korrespondenzbanken-Beziehungen verursache bereits einen Mangel an Devisen, was grenzüberschreitende Transaktionen erschwere. Nach wie vor fehlt es auch an Standards, welche Sorgfaltspflichten Banken mit Korrespondenzbanken erfüllen müssen.

Deutsche Mittelständler bekommen das bereits zu spüren. "Der bürokratische Aufwand ist enorm gewachsen. Die Banken fragen von den Firmen alle möglichen Erklärungen nach", sagt Susanne Engelbach, Expertin für Exportfinanzierung beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Bei einem Auftragswert von weniger als zehn Millionen Euro lohnten sich gerade Exportfinanzierungen gar nicht mehr, sagt Engelbach.

Die Commerzbank hat ihr Netz an Partnerbanken von 7000 auf rund 2500 verkleinert

Auch die Commerzbank hat ihr Korrespondenzbankennetz stark ausgedünnt. Früher war das Geldhaus, das sich als wichtigster Außenhandelsfinanzierer der deutschen Wirtschaft sieht, mit etwa 7000 Banken weltweit verbunden. Inzwischen ist das Netz auf etwa 2500 geschrumpft. Das liegt auch daran, dass die Bank schlechte Erfahrungen gemacht hat. Das Institut musste im Jahr 2014 eine hohe Strafe zahlen, weil es gegen US-Sanktionen gegen den Iran verstoßen hatte. Allein die französische Großbank BNP Paribas zahlte knapp deshalb neun Milliarden Dollar Strafe an US-Behörden, bei der Commerzbank waren es fast 1,5 Milliarden Dollar.

Bei der Commerzbank wehrt man sich trotzdem gegen den Vorwurf, man stünde nun nicht mehr ausreichend für Finanzierungen zur Verfügung. "Die Verkleinerung des Korrespondenzbanknetzes hat nicht dazu geführt, dass wir weniger Geschäfte finanzieren können", sagt Frank-Oliver Wolf, Leiter Zahlungsverkehr-und Auslandsgeschäft Deutschland der Commerzbank. Natürlich müsse man bei bestimmten Ländern wegen der gestiegenen regulatorischen Anforderungen stärker aufpassen. In Afrika sei die Commerzbank aber in mehr als 30 der 54 Ländern des Kontinents unterwegs und wolle dort auch weiter Marktanteile dazu gewinnen.

Finanzierungslücken führt Wolf hingegen eher auf die steigende Nachfrage in einigen Regionen zurück, die dem hohen Wachstum dort geschuldet sei. Auch der Einbruch der Rohstoffpreise, speziell in den Jahren 2015 und 2016, sei eine Ursache. Viele Ländern stünden dadurch weniger Auslandsreserven zur Verfügung.

Auch die Deutsche Bank hat ihr Partnernetz im Bereich der Handelsfinanzierung verkleinert, von früher mehr als 2000 auf 1500 Korrespondenzbanken weltweit, wovon noch 120 in Afrika sind nach vormals 160. Gleichwohl verspricht auch Deutschlands größte Bank, die heimischen Mittelständler weiter nach Afrika zu begleiten und Chancen zu nutzen, wenn sich andere Banken zurückzögen. Man sei immer noch in 33 afrikanischen Ländern vertreten. "Natürlich müssen auch wir die Kosten für die Regulierung verdauen", sagt Daniel Schmand, Leiter des Handelsfinanzierungsgeschäfts der Deutschen Bank. Man verfüge aber über ausreichend Kunden und daher kritische Masse. "Viele kleinere Banken werden zukünftig aber Probleme haben, die Kosten für dieses Geschäft zu tragen und werden sich überlegen, ob sie noch in Afrika präsent sein wollen".

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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