Energiesparen:Per Dreisatz zu mehr Klimaschutz

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Die Deutschen verschwenden Unmengen Strom mit alten Haushaltsgeräten - dabei rechnen sich neue Trockner oder Lampen viel schneller als gedacht.

M. Bauchmüller

"Moment mal", sprach der Verkäufer, bevor er hinter den Wäschetrocknern verschwand. "Ich hole den Taschenrechner." Äußerlich unterschied die beiden AEG-Trockner nichts, nur der Preis - und eine kleine Zahl. Der eine sollte in einem Berliner Elektromarkt 849 Euro kosten, der andere 499 Euro. Dafür braucht der billigere Trockner mehr Strom: 3,92 Kilowattstunden je Trommel. Der teure Trockner kommt auf 2,4 Kilowattstunden. Aber dafür gleich 350 Euro mehr bezahlen, rechnet sich das?

Der Strompreis steigt und steigt - gut, wer rechtzeitig in energiesparende Haushaltsgeräte investiert hat. (Foto: Foto: ddp)

Der Taschenrechner hilft - zusammen mit einem simplen Dreisatz. Im Schnitt kostet die Kilowattstunde Strom derzeit rund 20 Cent, hier etwas mehr, dort etwas weniger. Jedes mal, wenn der sparsame Trockner voll läuft, spart er damit gut 30 Cent. Das ergibt sich aus der Differenz der Verbrauchswerte. Angenommen, ein Haushalt nutzt fünf mal die Woche den Trockner, dann macht das 1,50 Euro Ersparnis die Woche, mithin knapp 80 Euro im Jahr.

Mit anderen Worten: Nach weniger als fünf Jahren hat der teure Trockner die Mehrkosten eingespielt. Ab da ist er wirtschaftlicher als das billigere Gerät. Und im Schnitt läuft ein deutsches Haushaltsgerät mindestens 15 Jahre lang. Gemessen an dieser Lebensdauer und bei heutigen Strompreisen hätte der scheinbar billige Trockner am Ende Strom für 3057 Euro konsumiert, der teurere dagegen 1872 Euro. "Wenn man sich es leisten kann, sollte man immer das sparsamere Gerät kaufen", sagt der Verkäufer am Schluss. "Zumal der Strompreis nicht bei 20 Cent bleiben muss."

30 Euro pro Fernseher

Für Energiesparer sind Deutschlands Haushalte ein einziges Potential. Im Fernseher, so rechnet die Deutsche Energie-Agentur vor, schlummern jährlich 30 Euro Ersparnis - zwischen einem effizienten LCD-Gerät und einem weniger sparsamen Röhrenapparat. 70 Euro lassen sich mit dem Computer sparen, denn die kleinen Notebooks sind auch klein im Verbrauch, verglichen mit dem festen Personal-Computer am Schreibtisch. Das Notebook will Strom für acht Euro im Jahr - die stationäre Variante das zehnfache. Die Reihe lässt sich fortsetzen, mit Waschmaschinen, Geschirrspülern, Lampen. Die Klassiker aber bleiben Kühl- und Gefrierschränke.

Zwangsläufig immer eingeschaltet, schlucken sie einen Großteil des Haushaltsstroms. Dabei verbrauchen die sparsamsten Geräte oft nur ein Drittel dessen, was ältere Modelle nehmen. Selbst Geräte der Klasse A - vor wenigen Jahren noch das höchste aller Gefühle - gelten inzwischen als wenig wirtschaftlich: "A++" ist oft um Längen besser. Doch es sind nicht nur Haushaltsgeräte, die den Stromverbrauch in die Höhe treiben. Wer im eigenen Haus wohnt, der verschwendet häufig Energie mit einer alten Heizungspumpe. Mit einem Verbrauch von bis zu 800 Kilowattstunden im Jahr zählen sie zu den größten Stromverbrauchern der Republik. Dabei kommen neue Geräte mit weniger als einem Viertel aus. Die Anschaffung kostet keine 400 Euro, die Ersparnis liegt bei über 100 Euro im Jahr. Nach vier Jahren schon ist der Kauf abgestottert, danach ist die neue Pumpe ein echter Gewinn. Und: Zwei große Kraftwerksblöcke wären überflüssig, wenn alle Heizungspumpen auf dem neuesten Stand wären. Das ist dann auch noch gut fürs Klima.

Wenn der Schwung fehlt

Es ist ein Win-win-Geschäft, und doch kommt es nicht recht in Schwung. Fast die Hälfte ihres Stroms verbrauchen die Deutschen mit teils elend ineffizienten Haushaltsgeräten. Statt sie rechtzeitig auf den Recyclinghof zu bringen, ersetzen sie Kühlschränke und Co. oft erst, wenn es anders nicht mehr geht. Wer sich ein sparsames Gerät leisten könnte, wählt häufig trotzdem das vermeintlich billigere.

"Viele Haushalte unterschätzen die Stromkosten ihrer Geräte", sagt Holger Krawinkel, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Auch dächten viele Verbraucher in kürzeren Zyklen. "Die wollen oft, dass sich die Anschaffung schon nach einem halben Jahr rechnet, nicht erst nach drei oder vier Jahren." Dabei ließen sich elegant viele Probleme lösen. Ginge der Stromverbrauch zurück, könnten die Deutschen gelassen einige Kraftwerke abschalten. Sie brächten weniger klimaschädliches Kohlendioxid in die Atmosphäre, und über steigende Stromrechnungen müssten sie sich auch nicht mehr so oft ärgern. Könnte, wäre, würde. "Den Verbrauchern fehlt der Anreiz, die Geräte vor dem endgültigen Ende auszutauschen", sagt Verbraucherschützer Krawinkel. Er plädiert für eine Sonderprämie. So könnten Käufer neuer Geräte vom Staat einen Zuschuss bekommen - wenn das Gerät effizient genug ist. Ähnliche Ideen werden derzeit auch im Wirtschaftsministerium diskutiert. "Anders kommt man an die Verbraucher nicht ran", sagt Krawinkel.

Allerdings ist der gute Wille für viele kein Problem - eher schon das Kleingeld. "Viele haben ja überhaupt nicht die Entscheidungsfreiheit", sagt Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur und als solcher gewissermaßen der oberste Effizienzwächter der Bundesregierung. "Man muss die Leute auch in die Lage versetzen, in solche Geräte zu investieren." Ideen gibt es schon, eine davon heißt "Mini-Contracting". Hier spart der Verbraucher nicht mehr allein, sondern mit Hilfe eines Stromanbieters.

Klingt paradox? Ist es aber nicht. Im wachsenden Stromwettbewerb entdecken die ersten Unternehmen das Sparen als Geschäftsmodell. "Geniaale Strom" etwa heißt ein Tarif des niederländischen Stromverkäufers Nuon. In Hamburg und Berlin liefern die Holländer neuerdings nicht nur Strom, sondern die Lampen gleich mit. Den Preis für die Energiesparlampen entrichten die Kunden erst mit der Jahresrechnung - bis dahin haben die Lampen den Kaufpreis schon erspart. Schrittweise soll dieses Angebot auf weitere Geräte ausgedehnt werden. "Strom sparen muss sich auszahlen", sagt Nuon-Chef Thomas Mecke.

Und das tut es ganz sicher. Steigende Strompreise, sinkende Anschaffungskosten für effiziente Geräte sorgen dafür. "Langfristig", sagt Verbraucherschützer Krawinkel, "wird so für den Verbraucher die Stromrechnung niedriger."

Tipps im Internet: www.stromeffizienz.de, www.energieeffizienz-jetzt.de; www.klima-sucht-schutz.de

© SZ vom 25.08.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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