Energiekonzerne:Vier Euro als Argument

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Braunkohle-Kraftwerk von Uniper in Schkopau in Sachsen-Anhalt: Die Firma will ihre Kohlemeiler nach und nach vom Netz nehmen. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Seit Wochen steigt der Börsenkurs von Uniper. Für dessen Chef Klaus Schäfer kommt das ziemlich gelegen. Denn er will seine Aktionäre überzeugen, nicht an die finnische Fortum zu verkaufen.

Von Michael Bauchmüller und Benedikt Müller, Düsseldorf/Berlin

Klaus Schäfer lässt sich nicht viel anmerken von den Kämpfen der vorigen Wochen. Er fühle sich gut, sagt er, "nur leicht überarbeitet". Zuletzt war ja auch eine Menge los: Vor ein paar Tagen hat Schäfer, Chef des Energiekonzerns Uniper, sich endgültig vom sibirischen Gasfeld Juschno Russkoje getrennt. "Da hat man monatelang gearbeitet und dann ist plötzlich das Ergebnis da", freut er sich. Samt 1,7 Milliarden Euro vom Käufer, dem österreichischen OMV-Konzern. Und klar, dann ist da noch diese Sache mit Fortum.

Denn Schäfers eigentlicher Kampf vollzieht sich weitgehend hinter den Kulissen. Ende September hat der finnische Energiekonzern Fortum ein Übernahmeangebot für Uniper vorgelegt. Mit Großaktionär Eon haben die Finnen schon eine Vereinbarung geschlossen: Der Dax-Konzern will seine 47-Prozent-Beteiligung an Uniper im Januar verkaufen, für 22 Euro je Aktie. Eon hatte sein Kraftwerksgeschäft und seinen Energiehandel im vergangenen Jahr abgespalten und als Uniper an die Börse gebracht. Den restlichen Uniper-Aktionären hat Fortum dasselbe Angebot gemacht.

Am Donnerstag hat der Uniper-Chef den Investoren die neue Strategie erklärt: Das Unternehmen will internationaler werden, Gaskraftwerke in Golfstaaten und Japan betreiben, noch stärker Industriebetriebe mit Strom, Wärme und Dampf versorgen. "Der Energiemarkt wird nicht sicherer, sondern unsicherer", sagt Schäfer der Süddeutschen Zeitung. "Da braucht es Unternehmen, die in der Lage sind, diese Unsicherheit zu managen." Dafür sei Uniper gut aufgestellt.

Das glauben offenbar auch Investoren. Seit im Frühjahr die Gerüchte um Uniper aufkeimten, ist der Börsenkurs stetig gestiegen, zuletzt auf einen Höchststand von 26 Euro. Das sind vier Euro mehr, als die Finnen mit Eon verabredet haben. Fortum-Chef Pekka Lundmark habe damit einen hervorragenden Deal gemacht, sagt Schäfer. "Ich habe Herrn Lundmark dazu beglückwünscht." Dabei ist der hohe Aktienkurs auch Schäfers Lebensversicherung.

Denn Uniper bangt um seine Unabhängigkeit. Teile der Geschäfte ergänzen sich gut mit Fortum, sodass wenig für eine dauerhafte Unabhängigkeit des Düsseldorfer Unternehmens spricht: Beide sind an schwedischen Kernkraftwerken beteiligt, erzeugen Strom aus Wasserkraft, sind am russischen Strommarkt aktiv. Die Befürchtung: Fortum könnte die interessanten Teile aus Uniper herausschneiden und den Rest abstoßen. Offiziell würde Fortum das nie bestätigen, Lundmark nennt die Offerte ein reines "Investment".

Für die verbleibenden Anteilseigner von Uniper wird es indes unattraktiver, Fortums Offerte anzunehmen. "Ich wüsste nicht, wie ich Aktionären begründen sollte, dass sie für 22 Euro verkaufen sollten", sagt Schäfer. "Da habe ich wirklich Schwierigkeiten, gute Argumente zu finden." Schäfers Argument dagegen sind: die vier Euro, bei denen es nicht bleiben soll.

Daher präsentiert der Uniper-Chef nun Chancen über Chancen: Das Unternehmen will sich an neuen Gaskraftwerken in den Vereinigten Arabischen Emiraten beteiligen, die dort alte Ölkraftwerke ablösen sollen. Auch von der Öffnung des japanischen Strommarktes will das Unternehmen profitieren. "Mit den richtigen Projekten können wir uns vorstellen, auch dort aktiv zu sein", sagt Schäfer: "Investitionschancen gibt es reichlich."

In Deutschland und Europa will Uniper mit Gaskraftwerken zum Partner der Energiewende werden. Sie gelten als besonders flexibel und können rasch einspringen, wenn wenig Ökostrom fließt. "Investitionen in neue Kohlekraftwerke schließen wir weltweit aus", sagt Schäfer. Er warnt jedoch vor einem überstürzten Kohleausstieg in Deutschland. Uniper beschäftigt 13 000 Mitarbeiter, davon etwa 5000 hierzulande.

Falls Deutschland in den nächsten Jahren einige Gigawatt Kohlestrom vom Netz nehmen sollte, wie es die Jamaika-Sondierer zwischenzeitlich vorgesehen hatten, sollte man auch die entsprechenden CO₂-Zertifikate aus dem Markt nehmen können, fordert Schäfer. "Ansonsten würden diese nur in ein anderes europäisches Land wandern." Dann hätte Deutschland eine "wunderbare Symbolpolitik betrieben", so der Uniper-Chef, aber europaweit würde nicht eine Tonne CO₂ eingespart.

Den Wettlauf um die Unabhängigkeit versucht Schäfer sportlich zu nehmen. Kürzlich hat er sich mit Fortum-Chef Lundmark getroffen, zu einem längeren Gespräch. "Gehen Sie davon aus, dass wir ausführlich und sachlich miteinander gesprochen haben", sagt er. Ohnehin sei der Umgang mit "feindseligen Übernahmen" in Europa noch zahm, gemessen am rauen Ton in den USA. "Die Diskussion ist niemals persönlich geworden", sagt Schäfer. Ihm sei wichtig: "Man muss sich hinterher immer noch in die Augen schauen können." Wie immer die Schlacht um Uniper ausgehen mag.

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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