Energie:Klimaschutz in Not

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Die OECD warnt vor den verheerenden Folgen des steigenden Energieverbrauchs: Investitionen könnten die Umwelt entlasten - doch dafür fehlt momentan das Geld.

Silvia Liebrich

Der weltweit steigende Energieverbrauch in den nächsten Jahren stellt künftige Generationen vor schier unlösbare Probleme. Zu diesem Schluss kommt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem neuesten World Energy Report, der jetzt veröffentlicht wurde. Sie sieht das weltweite Energiesystem an einem Wendepunkt und fordert radikale Reformen seitens der Politik und massive Investitionen in den Energiesektor. "Die Zeit wird knapp, jetzt ist die Zeit zum Handeln", heißt es in dem knapp 600 Seiten umfassenden Report, in dem der aktuelle Zustand des gesamten Energiesektors und verschiedene Zukunftsszenarien analysiert werden.

(Foto: Foto: ddp)

In Zeiten einer Wirtschaftskrise gehen solche Meldungen leicht unter. Kapital, das für die gesamte Erneuerung des Energiesektors dringend gebraucht wird, fließt derzeit vor allem in milliardenschwere Rettungspakete für die Finanzmärkte. Das Geld für Investitionen in erneuerbare und saubere Energiequellen dagegen ist knapp.

Die dramatischen Folgen dieser Fehlentwicklung werden erst in zehn bis zwanzig Jahren richtig zutage treten, erwartet die OECD. In der Organisation sind 30 der führenden westlichen Industrienationen zusammengeschlossen. Werden weiter so viele klimaschädliche Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen wie bisher, erhöhe sich die durchschnittliche Temperatur auf der Erde langfristig um sechs Grad Celsius, mit verheerenden Folgen für die Umwelt, heißt es weiter. Das Abschmelzen der Polkappen und der Anstieg der Weltmeere sind nur eine der verheerenden Folgen.

Schwankende Preise

Der weltweite Energieverbrauch wird nach Einschätzung der OECD bis 2030 durchschnittlich um ein Prozent jährlich zunehmen. Der Gesamtbedarf wird dann um 45 Prozent über dem heutigen Niveau liegen. Bis dahin müssen nach Ansicht der Energieexperten mehr als 26 Billionen Dollar investiert werden, um neue Quellen zu erschließen und bereits bestehende Energiegewinnungsanlagen zu modernisieren. Erhebliche Mittel werden auch die Technologien zur Speicherung von CO2-Emission verschlingen. Noch vor einem Jahr war die OECD von einem Finanzbedarf ausgegangen, der um vier Billionen Dollar unter diesem Betrag lag.

Erdöl wird der Studie zufolge auch in den nächsten 20 Jahren der wichtigste Energielieferant bleiben. Daneben werden vor allem Kohle, Atomstrom und Erdgas an Bedeutung gewinnen. Zwar werden die erneuerbaren Energien den Schätzungen zufolge am deutlichsten zulegen, allerdings auf nach wie vor relativ niedrigem Niveau.

Die Versorgungslage bei Erdöl dürfte insgesamt schwieriger werden, erwartet die OECD. Die meisten Reserven werden demzufolge von Staaten gehalten, die dem Opec-Kartell angehören. Dazu gehören Iran und Saudi-Arabien. Viele der Opec-Länder gelten als politisch unzuverlässig. Die Ölförderung in den Industrieländern hat dagegen laut Studie ihren Zenit längst überschritten und wird weiter zurückgehen. Die Opec werde ihre Marktmacht deshalb in den nächsten Jahrzehnten ausbauen können, so die Schlussfolgerung der OECD. Verbraucher müssen sich vor diesem Hintergrund auf stark schwankende Rohstoffpreise einstellen. Ein Trend, der sich jetzt schon bemerkbar macht. Seit seinem Rekordhoch im Juli brach der Ölpreis in Folge der Finanzkrise um mehr als 60 Prozent ein. Am Dienstag näherte er sich erstmals seit drei Jahren wieder der Marke von 50 Dollar. Benzin und Diesel sind derzeit so günstig zu haben wie seit dem Jahr 2005 nicht mehr.

Preise könnten schon bald wieder anziehen

Allerdings rechnen Branchenbeobachter schon bald wieder mit einem Anziehen der Preise. Zwar strich die Internationale Energieagentur (IEA) erst kürzlich ihre Wachstumsprognose für den Ölverbrauch deutlich zusammen. Dennoch rechnet die Organisation damit, dass der tägliche Verbrauch im kommenden Jahr leicht steigen wird. Damit könne die Produktion nicht mithalten, meint etwa der Rohstoffanalyst Frank Schallenberger von der LBBW. Vor allem auch deshalb, weil viele neue Ölförderprojekte derzeit nicht angegangen werden. Es fehlen die dafür notwendigen Mittel.

Große Hoffnungen setzt die OECD auf die Weltklimakonferenz, die für nächstes Jahr im November in Kopenhagen angesetzt ist. Hier soll erneut der Versuch gestartet werden, konkrete und verbindliche Regeln für die Reduktion von Treibhausgasen zu fassen, was bislang nicht gelungen ist. Die größten Verursacher von CO2-Emissionen, die USA und China, zeigen bislang keine Bereitschaft, ihren Ausstoß nachhaltig zu verringern.

© SZ vom 19.11.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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