Emissionshandel:Luftfahrtindustrie sagt nicht länger "Nein"

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Eine Reaktion auf die EU-Kommission: Flugfirmen und Flughäfen wollen künftig mit Verschmutzungsrechten handeln. Das ergibt sich aus einem Grundsatzpapier.

Thorsten Denkler

Die deutsche Luftfahrtindustrie will sich nicht länger dem Emissionshandel entziehen.

Nach Informationen von sueddeutsche.de haben sich die Spitzen aller deutschen Luftverkehrsverbände- und unternehmen am vergangenen Freitag darauf geeinigt, ihre bisher ablehnende Haltung gegenüber dem Handel mit Luftverschmutzungsrechten aufzugeben.

Hintergrund ist eine Forderung der Europäischen Kommission und des Bundesverkehrsministers Wolfgang Tiefensee (SPD), die Luftfahrt in den bestehenden Emissionshandel einzubeziehen.

Laut dem Beschluss-Papier vom Freitag, das sueddeutsche.de vorliegt, sei der Handel mit CO2-Zertifikaten "konsequent und wird ausdrücklich begrüßt". Im Vergleich zu Steuern oder Abgaben sei der Emissionshandel die "ökologisch wirksamere und ökonomisch sinnvollere Maßnahme", um die klimaschädliche Wirkung des Luftverkehrs zu reduzieren, heißt es da.

"Weniger Umwege fliegen"

Das Papier wurde von den deutschen Flughafen-Firmen, den in Deutschland tätigen Passagier- und Frachtfluglinien, dem Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der deutschen Tourismuswirtschaft erarbeitet. Es wird auch von der Lufthansa unterstützt, der größten deutschen Fluglinie.

Deren Chef Wolfgang Mayrhuber hatte den EU-Plänen erst kürzlich eine Absage erteilt. "Wenn wir Umweltschutz betreiben wollen, dann müssen wir den Treibstoffverbrauch reduzieren und weniger Umwege fliegen", sagte Mayrhuber.

Die Branche kritisiert allerdings, dass das erwartete Wachstum im Luftverkehr von vier bis fünf Prozent in den kommenden Jahren im aktuellen Richtlinien-Entwurf der EU nicht berücksichtigt werde. Die aktuelle Regelung behindere das Wachstum, weil das Einfrieren der erlaubten CO2-Menge auf den gemittelten Stand der Jahre 2004 bis 2006 keine Rücksicht auf die Entwicklung des internationalen Luftverkehrs nehme.

Der Flugverkehr ist derzeit für drei Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Der Anteil wird sich Prognosen zufolge bis 2020 verdoppeln.

Geld verdienen durch weniger CO2-Ausstoß

In ihrem Papier macht die deutsche Luftfahrtbranche deutlich, dass der Emissionshandel nur Teil einer umfassenden Gesamtstrategie zur CO2-Minderung sein könne. Die beteiligten Verbände und Unternehmen verweisen auf das Projekt "Single European Sky", mit dem ein einheitlicher, europäischer Luftraum geschaffen werden soll.

Allein darin stecke ein Potential, den CO2-Ausstoß im Luftverkehr um bis zu zwölf Prozent zu mindern. Laut Planung der Bundesregierung soll die "Single European Sky" bis 2020 verwirklicht sein. Viel zu spät, sagt die Flugbranche.

Laut dem Richtlinien-Entwurf der EU-Kommission, den EU-Umweltkommissar Stavros Dimas im Dezember vorgestellt hat, soll der zulässige CO2-Ausstoß für jede Fluglinie einzeln festgelegt werden. Wer mehr ausstößt, muss CO2-Zertifikate hinzukaufen. Wer weniger ausstößt, etwa dank besserer Triebwerke, kann mit dem Verkauf von nicht benötigten Zertifikaten Geld verdienen. Die EU-Kommission will so bis 2020 den Ausstoß von 183 Millionen Tonnen Kohlendioxid verhindern.

Der Emissionshandel soll ab 2011 für innereuropäische Flüge und ab 2012 für sämtliche Flüge von und nach Europa gelten. Diesen Plan hält die Branche für zu ehrgeizig. Sie befürchtet, dass nicht genug Zeit bleibe, den Emissionshandel international abzustimmen. Werde dies vernachlässigt, könne das für "dauerhafte und gravierende Wettbewerbsverzerrungen" zu Lasten der deutschen und europäischen Fluggesellschaften führen. "Eine EU-Insellösung lehnen wir ab", heißt es in dem Beschluss-Papier.

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