Einkommen:Millionen können auf Mindestlohn hoffen

Lesezeit: 1 min

Der Bundesrat hat den Weg für Mindestlöhne in weiteren sechs Branchen freigemacht. Zeitarbeiter bleiben allerdings noch außen vor.

Sechs weitere Branchen mit etwa 1,2 Million Beschäftigten können Mindestlöhne beantragen. Der Bundesrat stimmte am Freitag der Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungengesetzes zu. Neue Mindestlöhne gibt es damit aber noch nicht. Die betroffenen Branchen müssen erst noch beim Bundesarbeitsministerium entsprechende Anträge stellen.

Bei Wach- und Sicherheitsdiensten ist künftig ebenfalls ein Mindestlohn möglich (Foto: Foto: ddp)

Bisher Lohnuntergrenzen nur in drei Branchen

Die Mindestlöhne auf der Grundlage der nun verabschiedeten Gesetze dürften frühestens in der zweiten Jahreshälfte in Kraft treten. Bislang gibt es branchenspezifische Mindestlöhne in den drei großen Branchen Baugewerbe, Gebäudereiniger und Briefdienste mit etwa 1,8 Millionen Arbeitnehmern.

Sie sind nun auch möglich in der Alten- und häuslichen Krankenpflege, im Wachgewerbe, in der Entsorgungsbranche, bei industriellen Großwäschereien, in der Weiterbildungsbranche für Arbeitslose und für Bergbauspezialarbeiten.

Die Tarifpartner dieser Branchen können nun beim Bundesarbeitsminister Anträge einreichen, dass ihre Mindestlohn-Tarifverträge für alle Beschäftigten ihrer Branche für allgemeinverbindlich erklärt werden.

Im Unterschied zum Entsendegesetz soll das Gesetz für Mindestarbeitsbedingungen Mindestlöhne in Branchen ermöglichen, in denen es kaum Tarifverträge gibt. Experten-Kommissionen sollen die Höhe der Mindestlöhne festlegen.

"Schutz vor dem freien Fall"

Äußerst fraglich ist, dass dies noch vor der Bundestagswahl im Herbst geschieht. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sagte, insgesamt würden etwa vier Millionen Bürger in den Schutzbereich der Gesetze einbezogen. Sie würden künftig "besser vor dem freien Fall nach unten" geschützt und hätten "mehr Geld auf dem Konto", wenn die Mindestlöhne in Kraft getreten seien.

Die etwa 700.000 Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche bleiben zunächst außen vor, da sich Union und SPD noch nicht auf Details bei der Umsetzung der geplanten Lohnuntergrenze im Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung einigen konnten. Scholz zeigte sich überzeugt, dass "wir es schaffen werden, bei der Zeitarbeit eine Regelung zustande zu bringen".

Der Ausweitung von Mindestlöhnen war ein jahrelanges, zähes Ringen der Koalitionspartner vorausgegangen. Im Wahlkampf wollen sich die Sozialdemokraten für einen gesetzlichen Mindestlohn einsetzen.

In der Union dagegen begleitet der Wirtschaftsflügel die Ausweitung der Mindestlöhne mit scharfer Kritik. Im Bundesrat stimmten auch die rot-grün, schwarz-grün und rot-rot regierten Länder Bremen, Hamburg und Berlin für die Gesetzesänderungen.

Die Länder mit FDP-Regierungsbeteiligung hatten indes Ablehnung angekündigt. Der niedersächsische Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) sagte, es handele sich "um ein moralisch verbrämtes Programm zur Ausweitung von Schwarzarbeit".

© sueddeutsche.de/Reuters/iko/hgn/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: