Edelgetränk:Ausverkauf in der Champagne

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Unter den Champagner-Produzenten tobt ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb. Dabei ist die Nachfrage in Übersee groß und das Angebot begrenzt.

Michael Kläsgen

Kaum ein Fest, kaum ein Empfang ohne Champagner - in Frankreich ist das noch so. Trotzdem wurden allein in den vergangenen drei Jahren zehn Champagnerhäuser aufgekauft.

Aufwändige Herstellung: Champagner. (Foto: Foto: dpa)

2004 ging erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg mit Bricout-Delbeck sogar ein Produzent pleite. Für Cédric Louboutin, Analyst bei der Pariser Privatbank Fideuram Wargny, war 2005 das Jahr der Restrukturierung. Denn mit Lanson und Taittinger wechselten gleich zwei große traditionsreiche Hersteller den Besitzer.

Jährlich 300 Millionen Flaschen

Grund für die Neuordnung ist nicht der seit Jahren in Frankreich sinkende Champagner-Konsum - allein im Jahr 2005 ging er um 2,5 Prozent zurück. Im Gegenteil: Dass die Franzosen inzwischen "nur" noch gut die Hälfte der jährlich 300 Millionen Flaschen Champagner trinken, ist von den Produzenten durchaus beabsichtigt, bestätigt die Union des Maisons de Champagne. Denn in den USA, Kanada und Japan können die Hersteller pro Flasche das Doppelte und Dreifache verdienen, wie eine Studie des Marktforschungsinstituts Précepta ergab. Und die Nachfrage dort ist groß.

Deswegen ist man in der Champagne von der Krise der französischen Rotwein-Produzenten weit entfernt. Diese haben ihre Misere zum Teil selber verschuldet, mehr Weinberge angelegt, die Überproduktion gefördert und für mindere Qualität und niedrigere Preise gesorgt.

Die Champagne, das 32.000 Hektar große Anbaugebiet um Reims und Epernay nördlich von Paris, in dem Champagner hergestellt werden darf, ist dagegen gesetzlich festgelegt und die Bezeichnung Champagner geschützt.

Meister des Marketings

Außerdem waren die großen Champagnerhäuser, die unter anderen von deutschen Einwanderern wie Krug, Heidsieck, Mumm oder Bollinger Anfang des 18. Jahrhunderts gegründet wurden, von jeher Meister des Marketings.

So ritt Charles-Henri Heidsieck auf einem Schimmel nach Moskau, um die Zaren von dem Getränk zu überzeugen. Und Taittinger platzierte schon 1963 geschickt eine Flasche aus eigener Kellerei im dem Bond-Film Liebesgrüße aus Moskau.

Wichtiger aber noch: Weil das aufwendige Herstellungsverfahren und die Rebsorten (Pinot Noir, Pinot Meunier, Chardonnay) vorgeschrieben sind, kann nur eine bestimmte Menge pro Jahr hergestellt werden. Dadurch bleibt das Angebot schwächer als die weltweite Nachfrage, was die Preise garantiert.

Einerseits. Andererseits tummeln sich in der Champagne 150 große Produzenten und 14.000 Winzer. Viele Hersteller haben keine eigenen Rebflächen. Für Lanson wurde das zum Verhängnis. Das 245 Jahre alte Unternehmen musste die Trauben teuer einkaufen.

Weil die Anbaufläche begrenzt ist, steigen mit der Nachfrage aber die Preise - von vier Euro pro Kilo im Jahr 2000 auf fünf Euro im Jahr 2005. Wer nur wenig kauft, zahlt noch mehr, manchmal sechs Euro. Rechnet man mit 1,25 Kilo Trauben pro Flasche, bleibt unter Umständen nur eine geringe Gewinnspanne. Denn in französischen Supermärkten wird Champagner für 12 Euro angeboten.

Champagner-Absatz in Deutschland gesunken

Selbst für Discounter wie Aldi oder Penny die früher große Mengen Champagner absetzten, lohnt sich der Handel heute kaum noch. Denn sie können die Verkaufspreise kaum mehr niedrig halten. Vielleicht ist auch deswegen der Champagner-Absatz in Deutschland zwischen 1997 und 2003 um 40 Prozent gesunken.

Produzenten, die auf die Zulieferung von Trauben angewiesen sind, können nur ihre Marge opfern. Sonst sind sie gegenüber großen Gruppen wie LVMH, Pernod-Ricard, Laurent-Perrier und Vranken-Pommery, die den Champagner-Handel dominieren, nicht konkurrenzfähig.

Bei dem rentablen börsennotierten Unternehmen Taittinger war der Anlass für den Besitzerwechsel ein anderer. Der Minderheitsaktionär Albert Frère wollte sich von seinen Anteilen trennen. Ein Teil der Muttergesellschaft ging Mitte des Jahres an den US-Fonds Starwood Capital.

Die eigentlichen Gewinner

Den Champagnerbetrieb möchte die Familie Taittinger aber Anfang 2006 zurückkaufen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass mit den Rebpreisen auch die Grundstückspreise stiegen. Taittinger besitzt mehrere Weinberge auf 280 Hektar verteilt. Und die Grundstücksbesitzer, nicht die Produzenten, gelten als die eigentlichen Gewinner.

© SZ vom 31.12.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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