Edeka und Plus:Pokern mit dem Kartellamt

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Nach wochenlangen Verhandlungen werden Edeka und Tengelmann mürbe - die Lebensmittelhändler sind zum Verzicht bereit, um das Bündnis ihrer Discounttöchter Plus und Netto genehmigt zu bekommen.

Stefan Weber

In den Verhandlungen mit dem Kartellamt haben die Handelskonzerne Edeka und Tengelmann weitreichende Zugeständnisse gemacht, um das von der Behörde untersagte Bündnis ihrer Discounttöchter Plus und Netto doch noch genehmigt zu bekommen.

Tengelmann will seine Plus-Filialen loswerden - womöglich kommen dabei auch ganz neue Interessenten wie Norma oder Dansk Supermarked zum Zug. (Foto: Foto: dpa)

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben die Lebensmittelhändler angeboten, bis zu 400 der 2900 deutschen Plus-Filialen zu verkaufen. Zudem wollen Edeka und Tengelmann - anders als zunächst geplant - darauf verzichten, künftig gemeinsam einzukaufen. Dieses Angebot ist vor allem für Tengelmann schmerzhaft.

Aldi wird nicht berücksichtigt

Denn das Familienunternehmen hatte gehofft, über einen gemeinsamen Einkauf mit dem größten deutschen Lebensmittelhändler die im Konkurrenzvergleich hohen Beschaffungskosten für seine Supermärkte (Kaiser's, Tengelmann) drücken zu können.

Ob die Zugeständnisse ausreichen, das Kartellamt umzustimmen, ist offen. Die Behörde hat am Freitag angekündigt, das Prüfungsverfahren bis zum 20. Juni zu verlängern. Ursprünglich hatten die Wettbewerbshüter bis zum 16. Mai eine Entscheidung treffen wollen. Unternehmensnahe Kreise deuten den geänderten Terminplan als Zeichen, dass das Amt seine zunächst strikt ablehnende Haltung noch einmal überdenkt.

Als Argumentationshilfe hatten Edeka und Tengelmann ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Folgen eines Zusammengehens der Discounter Plus und Netto für die Wettbewerbssituation im Lebensmittelhandel für sehr viel weniger weitreichend hält als das Kartellamt. Überraschend für die beteiligten Unternehmen hatte die Behörde bei ihrer Betrachtung des relvanten Marktes unter anderem den Discount-Marktführer Aldi außen vor gelassen. Begründung:

Der Zusammenschluss von Plus und Netto sei ein Bündnis von Unternehmen, die insbesondere Markenartikel anbieten. Somit stehe eine fusionierte Gruppe eher in Konkurrenz zu Unternehmen wie Rewe oder Kaufland als zu Aldi und Lidl, die vornehmlich Eigenmarken anbieten. Die Fristverlängerung hat nach Einschätzung von Insidern aber auch damit zu tun, dass die Leiterin der Beschlussabteilung Ende nächster Woche in Urlaub geht.

"Man kann über alles reden"

Unterdessen signalisieren immer mehr Mitbewerber Interesse an den im Zuge von Kartellauflagen möglicherweise auf den Markt kommenden Standorten. Rewe-Chef Alain Caparros, der die Plus-Märkte gerne selbst übernommen hätte, um zusammen mit den hauseigenen knapp 2000 Penny-Läden einen starken Wettbewerber zu Aldi und Lidl zu formen, hatte bereits vor ein paar Tagen gesagt: "Man kann über alles reden."

Nach Informationen aus der Branche ist auch die mit der Edeka-Tochter namensgleiche Netto-Gruppe, ein Ableger des dänischen Unternehmens Dansk Supermarked, an der Übernahme von Plus-Märkten interessiert. Die seit 1990 in Deutschland tätige Discountkette , an der Edeka mit 25 Prozent beteiligt ist, verfügt bundesweit über ein Netz von 259 Märkten, vornehmlich in Ostdeutschland.

Somit dürfte ein Zukauf aus kartellrechtlichen Gründen unproblematisch sein. Auch der mit ihren Läden vornehmlich im Süden Deutschlands vertretenen Norma-Gruppe, die in Fürth zu Hause ist, wird Interesse an Standorten von Plus nachgesagt.

"Es sind plötzlich viele Interessenten am Markt. Alle hoffen auf ein Schnäppchen, wenn Tengelmann Plus-Märkte verkaufen muss, um das Bündnis mit Edeka genehmigt zu bekommen", heißt es in der Branche. Für möglich halten es Beobachter auch, dass Edeka und Tengelmann zunächst nach Möglichkeiten suchen, die vom Kartellamt als kritisch eingestuften Filialen intern zu verwerten. Etwa indem Plus-Märkte in Filialen der ebenfalls zu dem Familienunternehmen gehörenden Textilkette Kik umgebaut werden.

© SZ vom 10.05.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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