EADS:Mal ein richtiges Unternehmen sein

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Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern hat die Führungsmannschaft neu aufgestellt: Es gibt eine andere Nationalitätenformel - und keine Doppelspitze mehr.

Hans von der Hagen

Die neue Formel bei EADS heißt: deutsch - französisch - deutsch. Oder, übersetzt in Namen: Grube - Gallois - Enders. Rüdiger Grube sitzt künftig dem EADS-Verwaltungsrat vor, Louis Gallois wird EADS-Chef im Vorstand und Thomas Enders wird Airbus leiten. Das besondere dabei: Jeder steht für sich allein. Die Zeit der Doppelspitzen bei EADS ist endgültig vorbei.

Die Ankündigung vom Montag ist durchaus eine Überraschung. Zunächst hatte es so ausgesehen, als würde die Führungsspitze gemäß der Formel französisch - deutsch - französisch sortiert, in der Enders als neuer alleiniger EADS-Chef die zentrale Rolle gespielt hätte.

Nun ist es anders gekommen, zumindest für die nächsten fünf Jahre - dann soll wieder rotiert werden. Es war ein Kompromiss, der in dieser Form offenbar in letzter Minute vorgestellt und akzeptiert wurde.

"Balance und Vielfalt"

Über die Gründe für die Neuorientierung in letzter Minute darf spekuliert werden. Hat sich Frankreich durchgesetzt? War der umtriebige Enders den Franzosen zu rustikal? Dieser kritisierte jedenfalls die Beteiligung Frankreichs an EADS gerne und wiederholt. Es wäre schwierig geworden, ihn in der zentralen Position als alleinigen EADS-Chef zu bändigen.

Oder glaubt DaimlerChrysler, dass man mit einem Deutschen an der Spitze des Verwaltungsrates und einem weiteren Deutschen an der Spitze von Airbus jetzt doch mehr zu sagen hat - und zur Not auch mal den Mann an der EADS-Spitze, Gallois, in die Zange nehmen kann?

Irgendwas muss jedenfalls irgendjemanden so gewaltig gestört haben, dass in letzter Minute alle Pläne auf den Kopf gestellt wurden. Zumal Enders an der Spitze von EADS bislang eine ebenso gute Figur macht wie Gallois bei Airbus.

So oder so - es ist ein Kompromiss geworden, und wie immer in solchen Situationen gibt man sich besser unzufrieden. Sicherheitshalber hat der französische Airbus-Betriebsrat, Jean-François Knepper, schon mal eine Niederlage Frankreichs diagnostiziert: "Die Deutschen (...) sind gerade dabei, sich nicht mehr und nicht weniger als die Luft- und Raumfahrtindustrie und die europäische Verteidigung anzueignen", sagte er im Radiosender France Inter.

Für mehr Zufriedenheit dürfte dagegen sorgen, dass EADS es nun endlich geschafft hat, ein weiteres Relikt politischer Einflussnahmen bei dem Unternehmen zu beseitigen: die Doppelspitze. Sie hat die Entscheidungsprozesse und damit das Unternehmen gelähmt. Künftig will sich EADS an einem ebenso schlichten wie bislang missachteten Prinzip orientieren: "Der beste Mann für den Job" statt bisher: "Die beste Balance zwischen Deutschland und Frankreich".

Gleichwohl unterwirft DaimlerChrysler in einer Mitteilung das Prinzip "bester Mann" noch einer Einschränkung: Es müsse auch künftig die "Balance und Vielfalt des Konzerns beibehalten" werden, "im Einklang mit seiner Geschichte und seinen Gründungsaktionären".

Möglicherweise werden sich EADS und damit auch Airbus noch dran gewöhnen müssen, die "Balance und Vielfalt" eines Tages völlig außer Acht zu lassen, wie es auch andere Unternehmen tun können. Nur so lassen sich die großen anstehenden Aufgaben stemmen: Den Bau des A380, der noch immer nicht ausgeliefert wird. Den Bau des A350, über dessen Pläne noch immer gestritten wird. Und den starken Euro, der die Flugzeuge von Airbus teuer und die von Boeing billig macht.

Bislang ist EADS jedenfalls, das zeigt schon die neue Formel deutsch - französisch - deutsch, noch immer kein richtiges Unternehmen.

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