Dubai und die Finanzkrise:Auf Sand gebaut

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Dubai stand für Immobilienboom und Finanzglamour, doch das könnte sich ändern. Das Glitzer-Emirat leidet unter der Finanzkrise - und benötigt Hilfe vom Kontrahenten Abu Dhabi.

Tobias Dorfer

Der Größenwahn funkelte in allen erdenklichen Farben. 100.000 Feuerwerkskörper brachten den Nachthimmel über Dubai zum Leuchten. Bei der Eröffnung des Nobelhotels "Atlantis The Palm" auf der künstlichen Sandinsel Palm Jumeirah in der Nacht zum Freitag waren selbst Superlative plötzlich ziemlich klein. 1,7 Tonnen Hummer, 4000 Austern, 50 Kilogramm Gänseleber und 1000 Wachteleier standen für die 2000 Gäste parat. Die Gästeliste war prominent besetzt - mit den Hollywood-Größen Denzel Washington und Charlize Theron. Neben Basketball-Legende Michael Jordan lief auch der ehemalige deutsche Tennisstar Boris Becker über den roten Teppich - 15 Minuten vor seiner ehemaligen Verlobten Sandy Meyer-Wölden.

Eröffnung des Hotels "Atlantis The Palm": Dubai wird von der Finanzkrise erfasst. (Foto: Foto: dpa)

In Dubai ist selbst eine Hotel-Eröffnung ein Megaevent. Allerdings trägt das "Atlantis The Palm" eine düstere Prognose im Namen. Das Hotel ist benannt nach dem sagenumwobenen Inselreich, das - so schrieb der Philosoph Platon - innerhalb "eines einzigen Tages und einer unglückseligen Nacht" unterging.

Immobilienboom flacht ab

Dubai erlebt derzeit sein eigenes kleines Atlantis. Denn die Finanz- und Wirtschaftkrise trifft das Glamour-Emirat mit voller Wucht. Innerhalb weniger Monate ist der Ölpreis auf 50 Dollar pro Barrel gefallen. Doch Dubai hat ein spezielles Problem: Weil seine Ölreserven nicht so groß sind, bauten die Scheichs ein globales Finanzzentrum auf. Direkte Steuern gibt es nicht, die Einnahmen kommen vor allem aus den Geldmärkten und dem Tourismus. Wolkenkratzer schossen in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden. Im kommenden Jahr soll das mit 818 Meter höchste Gebäude der Welt fertiggestellt sein.

Gerade jetzt leidet der Immobiliensektor. "Die Banken haben Kredite verteuert und verlangen eine deutlich höhere Eigenkapitalquote. Damit wird die Finanzierung für Bauprojekte erschwert", sagt Ökonom Eckart Woertz vom Gulf Research Center Dubai. Die Immobilienpreise sind, so berechnete die britische HSBC-Bank, zwischen September und Oktober um vier Prozent gefallen - und die Aktienkurse von Bauträgerfirmen in Dubai brachen zuletzt regelrecht ein. "Wir bemerken erste Anzeichen für eine Krise im Immobilienbereich", sagt der ehemalige deutsche Botschafter in Kuwait, Gunter Mulack, der jetzt das Deutsche Orient-Institut (DOI) in Berlin leitet. "Es gibt hier ein gewaltiges Überangebot an Gebäuden. Man hat jahrelang zu viel gebaut." Bereits jetzt werden erste Großprojekte verschoben oder ganz gestoppt, erzählt der DOI-Direktor.

Abu Dhabi könnte helfen

Fieberhaft versucht die Herrscherfamilie nun, das System zu stabilisieren. Kürzlich erst installierte Dubai ein Team, das die Auswirkungen der Finanzkrise analysieren soll. Die Ratingagentur Moody's hat errechnet, dass Dubai inzwischen auf 50 Milliarden Dollar Schulden sitzt.

Ökonomen wie Woertz halten es für möglich, dass Dubai die Probleme nicht alleine schultern kann. Sie wären nicht verwundert, wenn das Nachbaremirat Abu Dhabi einspringen würde. Bankenkreisen zufolge soll Abu Dhabi bereit sein, Dubai mit rund 50 Milliarden Dollar zu stützen - möglicherweise durch den Kauf von Aktien großer Unternehmen - etwa der Fluggesellschaft Emirates. Von "strategischen Investments" spricht Ökonom Woertz. "Abu Dhabi hat kein Interesse daran, dass Dubai fällt." Zudem könnte Abu Dhabi seinen Einfluss in Dubai erhöhen.

In jedem Fall wird in Abu Dhabi die Situation des Nachbarn genau betrachtet. Denn das Konkurrenzdenken ist groß. Während Abu Dhabi seinen Öl-Reichtum eher konservativ anlegte, setzte Dubai auf exzessiven Finanzglamour und Wolkenkratzer. Von einer "Gesundung des Wachstums" in Dubai spricht DOI-Direktor Mulack deshalb und Ökonom Woertz stellt fest: Dubai habe in der Vergangenheit "einen neureichen Habitus" gepflegt. "Eine gewisse Schadenfreude gibt es da schon."

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