Druck auf Bush:US-Industrie will mehr Klimaschutz

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Eine Gruppe von zehn Unternehmen wird an diesem Montag ein Grundsatzpapier vorlegen, in dem die Einführung eines Emissionsrechtehandels nach europäischem Vorbild gefordert wird.

Nikolaus Piper

Der Ausstoß von Kohlendioxid in den USA soll binnen 15 Jahren um zehn bis 30 Prozent sinken. Zu der Gruppe unter dem Namen "United States Climate Action Partnership" gehören Konzerne wie Alcoa (Aluminium), BP, Caterpillar, der Chemiekonzern DuPont, die Investmentbank Lehman Brothers, General Electric, aber auch die Energieversorger von Kalifornien und New Mexico, PG&E und PNM Resources.

Nach einem Bericht der New York Times, den beteiligte Firmen im wesentlichen bestätigten, würde der Plan dazu führen, dass in den USA bis auf weiteres keine Kohlekraftwerke mehr gebaut werden könnten.

Das Papier sieht drei Schritte vor: Erstens sollen sich alle großen Emittenten von Kohlendioxid in Amerika nach und nach verpflichten, ihren Ausstoß zu reduzieren. Zweitens soll ein flexibler Ansatz, je nach Branche, gefunden werden, um den Preis für Emissionen festzusetzen. Drittens sollen andere Länder, besonders die Volksrepublik China und Indien, Anreize bekommen, um ihren Ausstoß an Klimagiften zu reduzieren.

USA für 20 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich

Der Bericht ist das Ergebnis intensiver Zusammenarbeit von Umweltgruppen mit der Industrielobby seit 1999. Treibende Kräfte dabei sind GE-Chef Jeffrey Immelt und Jonathan Lash, der Direktor des World Resources Instituts, das zur globalen Umweltorganisation WWF gehört. Matt Banks, Programmdirektor bei WWF in Washington, begrüßte den Vorstoß der Industrie. "Wir finden es phantastisch, dass die Unternehmen jetzt die Untätigkeit der Bush-Regierung in der Klimafrage herausfordern."

Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung ist mit Bedacht gewählt: Am Dienstag wird Präsident George W. Bush seine Rede zur Lage der Nation halten. Allgemein wird erwartet, dass er sich auch zu Fragen der Klimapolitik äußert. Bisher hatte die US-Regierung internationale Vereinbarungen über die Begrenzung von Klimagiften immer abgelehnt und das entsprechende Protokoll von Kyoto nicht ratifiziert.

Inzwischen gerät Bush mit seiner Haltung jedoch unter Druck. Sieben Staaten im Nordosten der USA wollen bis 2009 ein eigenes Emissionshandelssystem einführen. Die Demokraten, die seit Jahresbeginn die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses haben, planen einen Gesetzentwurf mit dem Ziel, eine Emissionsobergrenze zu etablieren. Aus den Vereinigten Staaten kommen zurzeit 21 Prozent aller Kohlendioxid-Emissionen, vor der Volksrepublik China mit 17 Prozent. Deutschland liegt mit 3,2 Prozent im Mittelfeld.

Die Chefs der US-Großkonzerne sind sich offenbar darüber im klaren, dass eine aktivere Klimapolitik unabweisbar ist und wollen deren Richtung mitbestimmen. Über den Handel mit Emissionsrechten könnten umweltfreundliche Technologien rentabler werden.

Das betrifft vor allem die Kohle. Es gibt Konzepte, nach denen das Kohlendioxid gebunden und gelagert werden kann, diese sind aber noch unausgereift. Das Pilotprojekt für ein kohlendioxidfreies Kohlekraftwerk von 30 Megawatt baut der europäische Energieversorger Vattenfall derzeit in Brandenburg.

Dabei wird Kohlendioxid vom Rauchgas im Schornstein getrennt und verflüssigt. Insofern ist es bemerkenswert, dass der Energieversorger PNM bei der Gruppe mitmacht. Das Unternehmen aus Albuquerque in New Mexico bezieht zwei Drittel seiner Energie aus Kohlekraftwerken.

General Electric hat umgekehrt massiv in das Geschäft mit Umwelttechnik investiert und hofft auf weiteres Wachstum. Die wirtschaftlichen Interessen gehen aber noch weiter. In New York mehren sich die Sorgen, vom Kapitalmarkt-Instrument Emissionsrechte abgekoppelt zu werden; der Handel könnte sich dann endgültig in Europa etablieren.

Fünf Prozent in fünf Jahren

Nach den Vorschlägen der amerikanischen Klimagruppe würde der Ausstoß an Kohlendioxid in den nächsten fünf Jahren auf 100 bis 105 Prozent des derzeitigen Niveaus eingefroren, danach ginge er bis 2050 auf 60 bis 80 Prozent zurück.

Langfristig solle die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre auf 450 bis 550 ppm (Teile pro Million) begrenzt werden. Bei 450 ppm kann es nach Meinung von Klimaforschern gelingen, die durchschnittliche Erwärmung der Erdatmosphäre auf zwei Grad zu begrenzen.

Unterdessen schließt Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) eine Versteigerung von Emissionszertifikaten nicht mehr aus. "Wenn man den Marktpreis als die ausschlaggebende Größe beim Zertifikatehandel akzeptiert, spricht nichts dagegen, künftig Zertifikate im Stromsektor zu verkaufen oder zu versteigern", sagte Glos dem Handelsblatt. Sein Ministerium sei dabei, die bisherige Linie in dieser Frage zu überdenken. Bislang hatte Glos die Versteigerung rigoros abgelehnt.

© SZ vom 22. Januar 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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