Dosenpfand:Deutsche greifen zur Einwegflasche

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Trotz Dosenpfand greifen die Kunden zur Einwegflasche. Die Getränkeindustrie schlägt nun Alarm - und fordert ein Umdenken in der Politik.

J. Pennekamp

Trotz Pfandpflicht trinken die Deutschen immer häufiger aus Einwegflaschen. Der Anteil von Mehrwegflaschen für nichtalkoholische Getränke ist im ersten Halbjahr 2008 laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) auf einen Tiefstand gefallen. Die Entwicklung bedroht Tausende Arbeitsplätze in der Getränkeindustrie.

Trotz Dosenpfand: Die Deutschen trinken immer häufiger aus Einwegverpackungen, sagt eine Studie der GfK. (Foto: Foto: dpa)

Eigentlich sollte das Pfand auf Dosen und andere Einwegverpackungen die Mehrwegquote in Deutschland deutlich erhöhen. Die Zahlen, die die Marktforscher der GfK jetzt vorlegen, zeigen aber, dass dieser Plan gescheitert ist. Ging bei der Einführung des Einwegpfandes im Januar 2003 noch mehr als jede zweite Flasche Wasser, Limonade und Fruchtsaft in den Mehrwegkreislauf zurück, waren es zwischen Januar und Juni des laufenden Jahres nur noch 27,2 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das laut GfK ein Rückgang um 3,5 Prozentpunkte. Seit Einführung des sogenannten Dosenpfandes sank der Anteil insgesamt sogar um 24,3 Punkte.

Leidtragende dieser Entwicklung sind vor allem die kleineren Wasserhersteller. "Für sie ist die Situation dramatisch. Im Bereich der alkoholfreien Getränke könnte es zum großen Knall kommen", sagt Günther Guder, Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkegroßfachhandels. Mehr als 20.000 Arbeitsplätze in der Mineralwasser- und Softdrinkherstellung sieht Guder gefährdet. Produktion und Vertrieb von Mehrwegflaschen sind um ein Vielfaches personalintensiver als das Geschäft mit Einwegflaschen. Denn die Mehrwegflaschen werden nicht nur zurückgenommen, sondern auch geprüft und gereinigt.

Beliebte Einwegverpackungen

Die Ursache dafür, dass immer mehr Verbraucher zu Einwegverpackungen greifen, sehen Experten im Preisdumping der Discounter. Aldi und Co. verkaufen die 1,5-Liter-Flasche Mineralwasser für 19 Cent an die Endverbraucher. Das ist weniger als das Pfand von 25 Cent pro Flasche. Mittelständische Betriebe mit regionalem Verbreitungsgebiet können mit diesen Preisen nicht konkurrieren. Ihnen ist es aus Kostengründen vielfach unmöglich, die Produktion von Mehrweg auf Einweg umzustellen.

Verbandsvorstand Guder fordert deshalb ein Einschreiten der Politik. "Das Mehrwegsystem kann nur durch eine Abgabe für Einwegflaschen gerettet werden", so Guder. Sinnvoll sei beispielsweise eine Koppelung an die CO2-Emmissionen, die von den Einwegverpackungen ausgehen. So habe das Deutsche Verpackungsinstitut errechnet, dass über eine Million Tonnen CO2 eingespart würden, wenn Getränke ausschließlich in Mehrwegverpackungen abgefüllt würden.

Das Bundesumweltministerium sieht dagegen keinen Handlungsbedarf und widerspricht den von der GfK veröffentlichten Zahlen. "Die Studie ist bedenklich, da mit Wasser und Limonade bepfandete, mit Fruchtsäften aber unbepfandete Getränke in die Studie einbezogen wurden", sagte Ressort-Sprecher Thomas Hagbeck.

Supermärkte ohne Bierdosen

Es sei unseriös, aus diesen Zahlen Rückschlüsse auf den angeblichen Misserfolg der Pfandregelung zu ziehen. Vielmehr müssten die Marktsegmente unabhängig voneinander betrachtet werden. So hätten die alkoholfreien Wasser- und Erfrischungsgetränke, auf die Pfand erhoben wird, 2006 Mehrwegquoten von zwischen 38 und 53 Prozent erreicht. "Ohne die Einführung des Flaschenpfandes wären Mehrwertflaschen vollkommen vom Markt verschwunden und Verbraucher hätten heute keine Wahlfreiheit mehr", rechtfertigt Hagbeck.

Das Ministerium wolle nun weitere Erhebungen zur Mehrwegquote abwarten und verweist auf Erfolge des Dosenpfandes. Dazu zähle etwa das Verschwinden von Bierdosen aus den Supermarktregalen. Neue Instrumente wie Abgaben auf Einwegflaschen, die am Montag auch von der Deutschen Umwelthilfe gefordert wurden, schloss der Sprecher aber definitiv aus.

Auch auf Rücksicht auf ihren guten Geschmack sollten die Verbraucher wieder mehr zu Mehrwegflaschen greifen. Das legen zumindest jüngste Erkenntnisse der Stiftung Warentest nahe. In zehn von 30 in PET-Flaschen verkauften Mineralwässern fanden die Verbraucherschützer zu hohe Mengen Acetaldehyd. Diese Substanz entsteht bei der Herstellung von PET-Flaschen und kann in das Wasser übergehen. Die gefundenen Mengen seien zwar nicht gesundheitsgefährdend, beeinträchtigen den Geschmack des Wassers durch das fruchtige Acetaldehyd-Aroma.

© SZ vom 19.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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