Dirk Niebel:"Das wäre das Ende von Schröders Agenda-Politik"

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Die Bundesregierung verlängert das Kurzarbeitergeld auf 24 Monate. Dirk Niebel, Generalsekretär der FDP, hält das für nutzlos.

Thorsten Denkler

sueddeutsche.de: Herr Niebel, was haben Sie gegen das Kurzarbeitergeld?

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel ist gegen eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes auf 24 Monate. (Foto: Foto: dpa)

Dirk Niebel: Überhaupt nichts.

sueddeutsche.de: Aber Sie sind doch gegen eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes auf 24 Monate, wie es das Bundeskabinett am Mittwoch beschließen wird.

Dirk Niebel: Ja, weil damit lediglich Sand in die Augen der Menschen gestreut wird. Die Verlängerung soll ein Gefühl der Sicherheit geben, das der Realität nicht standhält.

sueddeutsche.de: Das müssen Sie erklären.

Niebel: Das Kurzarbeitergeld ist ein hervorragendes Instrument, um Arbeitplätze kurzfristig zu sichern und Betrieben ihre Fachkräfte zu erhalten. Aber es ist auch eines der teuersten arbeitmarktpolitischen Instrumente, die wir haben. Sowohl für den Staat als auch für die Unternehmen.

Die Bundesagentur zahlt bis zu 67 Prozent des letzten Einkommens und ab dem siebten Monat auch die Beiträge zur Sozialversicherung. Die Betriebe wiederum müssen ohne Gegenleistung die Arbeitgeberanteile für die Sozialversicherung weiterzahlen und stocken in der Regel den Lohn noch auf 100 Prozent auf.

sueddeutsche.de: Das Geld ist doch gut angelegt, oder?

Niebel: Ja, aber wegen der hohen Kosten kann es eben nur eine Überbrückungsmaßnahme für einige Monate sein. Das spiegeln auch die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit wider. In 90 Prozent aller Fälle ist Kurzarbeitergeld lediglich für sechs bis acht Monate angemeldet worden. Spätestens dann brauchen die Betriebe auch mit Kurzarbeitergeld neue Aufträge.

sueddeutsche.de: Wenn das so ist, muss es Sie doch wundern, wenn Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt davor warnt, ein 24-monatiges Kurzarbeitergeld könne als ein neues Instrument der Frühverrentung missbraucht werden. Der Fall dürfte ja nicht eintreten, wenn die Betriebe es nur für ein halbes Jahr in Anspruch nehmen.

Niebel: Das ist eine Gefahr in großen Betrieben. Die können in Einzelfällen bis zu 24 Monate Kurzarbeitergeld zahlen und es dann als Brücke in die Frühverrentung nutzen. Das wäre katastrophal und das absolute Ende der Agenda-Politik von Gerhard Schröder. Manche Gewerkschaftsfunktionäre spekulieren ja offenbar geradezu darauf.

Die kleinen und mittleren Unternehmen aber, die die Masse der Beschäftigten stellen, werden sich das gar nicht leisten können. Ein Grund mehr, das Kurzarbeitergeld nicht noch weiter auszudehnen.

sueddeutsche.de: Sie haben die Kosten angesprochen: Wenn das Kurzarbeitergeld so angenommen werden würde, wie Arbeitsminister Olaf Scholz es erwartet, sind dann eigentlich die niedrigen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung noch zu halten?

Niebel: Die Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung war ein wirksamer Schritt, um den Faktor Arbeit zu entlasten. Die FDP hat ihn ausdrücklich mitgetragen. Stellen Sie sich vor, die Beiträge wären heute so hoch wie bis vor wenigen Jahren, es wären wesentlich mehr Arbeitsplätze gefährdet.

sueddeutsche.de: Aber wer stopft dann das Loch in der Kasse der Arbeitsagentur?

Niebel: Arbeitsminister und Bundesagentur sagen, dass die Beiträge in der jetzigen Höhe noch bis 2010 zu halten sein werden.

sueddeutsche.de: Und Sie glauben das?

Niebel: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber es wäre sicher in dieser Krise das falsche Signal, die Beiträge zu erhöhen.

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