Die E-Mail ist die beliebteste digitale Kommunikationsform, und doch hat sie in letzter Zeit zunehmend ein Image-Problem: Kaum jemand hält sie mehr für sicher. Das ist nicht erst seit dem jüngsten Überwachungsskandal so. Auch schon vorher haben Experten immer wieder gewarnt, E-Mails nicht zu viele private Informationen anzuvertrauen. Zu leicht angreifbar, zu unsicher sei der Versand der digitalen Briefe.
Nun bekommen E-Mail-Skeptiker unverhoffte Unterstützung. In einem Gerichtsverfahren hat Google versucht, den Vorwurf loszuwerden, der Konzern lese die über seinen Dienst Gmail verschickten Nachrichten illegal mit ( hier die Gerichtsunterlagen als PDF). Googles Anwälte zitierten in dem Streit ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 1979. Damals hatten die Richter in einem Verfahren um die Weitergabe von Telefondaten festgestellt, dass "jemand, der freiwillig Informationen an Dritte übergibt, keinen legitimen Anspruch auf die Privatheit dieser Informationen" habe.
Google nutzt diesen Satz nun für seine Argumentation. So wie man beim Verschicken von Geschäftsbriefen davon ausgehen müsse, dass eine Sekretärin die Post öffne, müsse man heute auch bei webbasierten E-Mails davon ausgehen, dass Provider die E-Mail weiterverarbeiteten, gab Google zu Protokoll. Das hat in den Vereinigten Staaten nun eine Debatte ausgelöst, in deren Mittelpunkt die Frage steht: Setzt Google die Privatsphäre der Bürger zu leicht aufs Spiel?
Datenschützer warnen seit Jahren vor Gmail
Datenschützer, auch in Deutschland, warnen seit Jahren vor Gmail, weil dessen Eigentümer Google zu Werbezwecken jede eingehende E-Mail nach Stichworten durchsucht, um dem Nutzer dazu passende Werbung anzuzeigen. Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix beispielsweise warf dem US-Konzern 2011 vor, mit dieser Technik das Fernmeldegeheimnis zu verletzen.
In den Vereinigten Staaten sind die Reaktionen auf die Google-Stellungnahme heftig. "Google hat nun zugegeben, dass es die Privatsphäre nicht respektiert", sagte John M. Simpson von der Verbraucherschutzorganisation Consumer Watchdog's Privacy Project, die die Gerichtsunterlagen veröffentlicht hat. Ein Google-Sprecher wies solche Darstellungen entschieden zurück. Das Unternehmen nehme die Sicherheit und den Schutz der Privatsphäre "sehr ernst".
Kaum Alternativen
"Die Menschen sollten sie beim Wort nehmen und Gmail nicht benutzen, wenn sie sich um die Privatsphäre ihrer Kommunikationspartner scheren", riet Simpson den Nutzern. Auf welchen Provider Nutzer stattdessen umsteigen sollen, sagte Simpson nicht.
Viele vermeintlich sichere Alternativen dürfte es jedenfalls nicht geben, schließlich filtern nahezu alle kostenlosen E-Mail-Provider eingehende Nachrichten. Alleine schon, um die Nutzer vor unerwünschten Spam-Nachrichten zu schützen. Damit hat die Filterung dann wenigstens einen Vorteil für die Nutzer.