Die Deutsche Bahn und ihr Prestigeprojekt:Kurzes Dach und hohe Kosten

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Der Bahn droht neuer Ärger im Berliner Hauptbahnhof - aus dem Bundestag und vom Architekten.

Michael Bauchmüller

Gerade erst hat die Bahn eine Niederlage gegen ihren Bahnhofs-Architekten Meinhard von Gerkan erlitten, da droht ihr der nächste Ärger um den Berliner Hauptbahnhof - diesmal um das gewölbte Glasdach über den Bahnsteigen.

Das Modell des neuen Berliner Hauptbahnhofes, wie es die Bahn im April 2001 präsentierte. (Foto: Foto: AP)

Das war Anfang 2002, also während der Bauarbeiten, erheblich verkürzt worden. Andernfalls, so hatte die Bahn argumentiert, hätte der neue Bahnhof nicht pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft eröffnet werden können.

Jetzt tritt Gerkan erneut auf den Plan. Erst Ende November hatte das Landgericht Berlin seiner Klage stattgegeben, nach der die Bahn im Inneren des Bahnhofs die ursprünglichen Architektenpläne für die Gestaltung der Decken nicht hätte ändern dürfen. "Durch dieses Urteil fühle ich mich gestärkt", sagt Gerkan der Süddeutschen Zeitung. "Ich werde jetzt mit meinen Partnern und Anwälten sprechen, ob wir auch gegen die Verkürzung des Bahnhofsdachs klagen."

Mehrkosten trotz Verkürzung

Rückenwind erhält er vom Haushaltsausschuss des Bundestags. Der hatte sich bei seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch unter anderem mit Mehrkosten beschäftigt, die nachträgliche Korrekturen an dem Bauwerk verursacht hatten. 51,64 Millionen Euro, so erfuhren die Haushälter aus einer Tischvorlage, habe der Bund seinerzeit für die Überdachung des Hauptbahnhofes bewilligt, allerdings für die Langversion des Daches, die noch 110 Meter länger sein sollte als die realisierte Version.

Zurückzufordern gibt es für den Bund dennoch nichts. Grund: "Das verkürzte Bahnsteigdach verursachte letztlich höhere Kosten, als von der DB AG/DB Station&Service AG veranschlagt."

Nun wollen die Haushälter von Bahnvorstand und Aufsichtsrat wissen, wie es geschehen konnte, dass eine abgespeckte Variante teurer war als ihr opulenterer Vorgänger. "Die Bahn ist immer noch ein bundeseigenes Unternehmen", sagt der SPD-Haushaltsexperte Klaas Hübner. "Jetzt soll sie uns mal erklären, was die Grundlage dieser Entscheidung war."

Nachträgliche Verlängerung?

Bei der nächsten Sitzung des Ausschusses soll auch geklärt werden, ob sich das Dach nachträglich wieder verlängern lässt - derzeit warten Fahrgäste der ersten Klasse oft im Regen auf ihren Zug. Da der Bahnhof in Betrieb ist, wäre die Nachrüstung sehr aufwendig.

"Bei der Behandlung dieses Tagesordnungspunkts wäre die Anwesenheit des Aufsichtsratsvorsitzenden der DB AG, Werner Müller, und des Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn unbedingt notwendig", heißt es in einem Schreiben an Ausschuss-Chef Otto Fricke.

Die Bahn bleibt gelassen. "Es war eine schwierige Entscheidung damals", sagt ein Sprecher. Nachdem sich die Baugenehmigung für das Dach hingezogen habe, hätte das längere Dach den ganzen Zeitplan für den Bahnhof ins Wanken gebracht - samt Fertigstellung zur WM.

Doch Gerkan ist anderer Meinung: "Diese Behauptung ist schlichtweg falsch", sagt er. Das längere Dach hätte ohne Zeitverzug gebaut werden können, und auch ohne Zusatzkosten: Die Reduzierung habe den Preis des verkürzten Daches auf das doppelte des langen hochgetrieben, sagt der Architekt.

© SZ vom 15.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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