Deutschlands Wirtschaft:Konjunkturkrise erreicht Europa

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"Grottenschlechte Erwartungen": Wirtschaftsexperten prognostizieren einen empfindlichen Konjunktureinbruch in den nächsten Monaten.

Der deutschen Wirtschaft steht nach Expertenschätzung ein deutlicher Konjunktureinbruch bevor. "Die Erwartungen der Unternehmen für die nächsten sechs Monate sind grottenschlecht", zitierte die Bild-Zeitung den Leiter der Konjunkturabteilung des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen.

(Foto: Foto: dpa)

Eine Umfrage des Handelsblatts ergab für 2009 eine Wachstumsprognose von nur noch 0,9 Prozent. Die Europäische Zentralbank hatte noch im Juni 1,5 Prozent vorausgesagt.

Die von den USA ausgehende globale Finanzmarktkrise und konjunkturelle Abschwächung erreicht nun offenbar auch Europa. Der deutschen Industrie fehle es an neuen Aufträgen, erklärte Carstensen.

"Im Winter ist der Aufschwung definitiv vorbei. Viele Firmen werden nach und nach Kapazitäten abbauen und auch Personal entlassen", wurde der Ifo-Experte weiter zitiert.

Aufträge nur bis Jahresende

Auch der Arbeitgeberverband Gesamtmetall äußerte sich besorgt: "Die weltweite Konjunkturabkühlung trifft die Metall- und Elektroindustrie zunehmend stärker", sagte Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser der Bild-Zeitung. "In vielen Firmen reichen die Aufträge nur noch bis Jahresende."

Die Unternehmen beurteilten die Auftragslage so schlecht wie seit zwei Jahren nicht. Nach einer Umfrage des Düsseldorfer Handelsblatts haben die Prognostiker von zehn führenden deutschen und internationalen Banken und Forschungsinstituten die Wachstumserwartungen für den Euroraum deutlich nach unten korrigiert.

Sie erwarteten für 2009 noch ein Plus von 0,9 Prozent nach 1,5 Prozent in diesem und 2,7 Prozent im vergangenen Jahr. Europa falle auf breiter Front noch hinter die USA zurück, berichtete das Handelsblatt. Nach den aktuellen Prognosen wäre sowohl das Wirtschaftswachstum als auch das Gewinnwachstum der Unternehmen im Euroraum 2008 niedriger als in den USA.

"Der Abschwung wird den Euroraum härter treffen als die USA, weil die Geld- und Finanzpolitik dort viel entschlossener gegengesteuert hat", zitierte die Zeitung Thomas Mayer von der Deutschen Bank, der auf kräftige Zinssenkungen und ein Konjunkturprogramm in den USA verweise.

Konjunkturforscher sähen das Wachstum der US-Wirtschaft im nächsten Jahr bei deutlich über ein Prozent.

Nach Berechungen der Landesbank Baden-Württemberg drohen dem Handelsblatt zufolge bei den 30 Dax-Konzernen im laufenden Quartal Gewinneinbußen von mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Anstelle eines ursprünglich erwarteten Gewinnwachstums von zwölf Prozent für das Gesamtjahr kalkulieren Analysten der internationalen Investmenthäuser nach Angaben des Finanzdatenspezialisten Ibes nun mit einem Minus von sieben Prozent. So rasant habe sich der Trend zuletzt 2001 gedreht. Damals seien die Gewinne schließlich um 53 Prozent eingebrochen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach sich unterdessen für ein ökologisches Wachstumsprogramm aus. Bestandteil könnten Steuervorteile für Investitionen in Technologien sein, die Energie oder Ressourcen sparen hälfen, sagte der SPD-Politiker der Welt .

Ein herkömmliches Konjunkturprogramm, wie es Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ins Gespräch gebracht hatte, lehnte Gabriel ab.

© sueddeutsche.de/Reuters/hgn/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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