Deutscher Alpenverein:Sport oder Kommerz

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Der DAV soll für den Betrieb seiner Kletterhallen ein Gewerbe anmelden. Das könnte auch für andere Vereine Konsequenzen haben.

Der Deutsche Alpenverein (DAV) hat juristischen Ärger. Eine hessische Gerichtsentscheidung mit Signalwirkung könnte den größten Sportverein der Bundesrepublik mit seinen knapp 1,2 Millionen Mitgliedern zu einer Neuorganisation seines deutschlandweiten Netzes von 200 Kletterhallen zwingen. Dabei geht es um die Frage, ob der DAV Vereinssport und Kommerz auf unzulässige Weise miteinander vermengt. Und in einem zweiten Rechtsstreit in Berlin klagen private Hallenbetreiber über unfaire Wettbewerbsnachteile.

Das Darmstädter Amtsgericht hat angeordnet, dass die örtliche DAV-Sektion sich mit ihrer Kletterhalle als Gewerbe ins Handelsregister eintragen muss. Der Alpenverein sperrt sich, doch das Gericht insistiert. "Die Anordnung gilt", sagt dessen Vizepräsident Erik Geisler. Und das könnte rechtliche Konsequenzen haben - und keineswegs nur für den Alpenverein. Steuerrechtler beobachten seit Jahren, dass Vereine in kommerzielle Gefilde vorstoßen, in denen sie eigentlich nichts zu suchen haben. So gibt es Turnvereine, die Fitnessstudios aufmachen.

Der hessische Streit läuft schon seit drei Jahren, auch das Oberlandesgericht Frankfurt war beteiligt. Der Senat kam ebenfalls zu dem Schluss, dass es sich bei der Kletterhalle um ein Gewerbe handle, "das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert". Macht das hessische Beispiel Schule, gingen dem Alpenverein nicht nur Steuervorteile verloren. Kommunen und Bundesländer müssten ihre Förderung des DAV-Hallenbaus überdenken. Denn Zuschüsse für Vereinssport sind zulässig, für Subventionen an die Privatwirtschaft gelten sehr viel strengere Vorgaben.

"Eine DAV-Kletterhalle ist kein Gewerbebetrieb, sondern eine Sportstätte", betont denn auch DAV-Geschäftsführer Olaf Tabor. "Wir befürchten, dass das eine Präzedenzfallwirkung entwickeln kann." Klettern ist weltweiter Boomsport. Allein der DAV eröffnet nach Angaben seiner Münchner Zentrale zwischen 10 und 15 neue Hallen im Jahr. Seit dem Jahr 2000 hat das hat dem Verein 300 000 neue Mitglieder eingebracht, wie der Vereinszeitschrift Panorama zu entnehmen ist. Ein Ende ist nicht in Sicht. Im Jahr 2020 wird Sportklettern erstmals olympische Disziplin bei den Spielen in Tokio.

© SZ vom 18.12.2017 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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