Deutsche Börse:So friedlich wie früher

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Die Aktionäre des Börsenbetreibers verteilen auf der Hauptversammlung vor allem Lob - während Konzernchef Theodor Weimer die Erwartungen dämpft.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Ein bisschen Disco ist doch an diesem Vormittag. Die Plätze in der Frankfurter Jahrhunderthalle sind vielleicht zu einem Drittel besetzt, als Theodor Weimer ans Rednerpult tritt. Das Licht geht aus, auf der Leinwand läuft ein Jahresrückblick, Greta Thunberg, Kim Jong-un und Trumps Handelskrieg, unterlegt mit basslastigen Rap-Beats, der Boden vibriert. Licht an, Auftritt Weimer. Er hat viel auf den Weg gebracht in seinem ersten Jahr als Chef der Deutschen Börse, greift die Bilder auf, spricht über "ein Jahr der Blockaden", um sich davon abzugrenzen: Bei der Börse läuft es rund, und das dürfte so bleiben.

Für Aufregung ist auf der Hauptversammlung des größten kontinentaleuropäischen Börsenbetreibers kein Platz. Die Stimmung erinnert an die Aktionärstreffen früherer Jahre, als die Anteilseigner an einer der profitabelsten deutschen Firmen nur selten etwas auszusetzen hatten. Im vergangenen Jahr war der Gewinn um 17 Prozent auf mehr als eine Milliarde Euro gestiegen, und die Investoren trauen dem Konzern unter Weimer so viel zu, dass sie den Marktwert auf mehr als 23 Milliarden Euro hochgetrieben haben. Damit ist die selbst im Dax notierte Börse um die Hälfte mehr wert als die Deutsche Bank.

Mit der jüngsten Übernahme des Datenanbieters Axioma sowie dem Kauf der Devisenhandelsplattform GTX und der Fondsplattform Swisscanto im vergangenen Jahr hat Weimer vorgelegt. Der zwischenzeitlich größte Wurf könnte FXall werden, eine US-Devisenhandelsfirma, die Weimer für mehrere Milliarden Euro dem Finanzdienstleister Refinitiv abkaufen könnte.

Weimer war nach dem Desaster um seinen Vorgänger Carsten Kengeter mit einem hohen Vertrauensvorschuss gestartet. Mit der diesjährigen Hauptversammlung hat der Konzern diese Insiderhandels-Affäre um den früheren Chef wohl abgehakt. Die wenigen Investoren, die vorsprechen, gehen noch kurz darauf ein und verteilen vor allem Lob, sogar für den einst heftig kritisierten Aufsichtsratschef Joachim Faber, der zur Hauptversammlung im kommenden Jahr gehen wird.

Weimer zeichnet dann zwar visionäre Bilder von der langfristigen Zukunft des Konzerns, dämpft aber die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr. "Die Straße, auf der wir fahren, wird kurvenreicher", sagt er. Die Prognosen für das Wachstum im Umfeld des Unternehmens wiesen nach unten. "Ein Jahr, das so gut lief wie das letzte, lässt sich nicht mal eben so toppen."

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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