Deutsche Bank:Spekulationen um Yukos-Übernahme

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Die Deutsche Bank soll im Auftrag von Gazprom nach den Resten des Ölkonzerns greifen.

Daniel Brössler und Hans-Willy Bein

Die Reste des vom Kreml zerschlagenen Ölkonzerns Yukos könnten in die Hände der Deutschen Bank geraten.

Der einstige russische Öl-Gigant Yukos - seit Anfang August bankrott. (Foto: Foto: afp)

Die russische Wirtschaftszeitung Kommersant berichtete am Montag, die Bank wolle die Schulden des Ölunternehmens übernehmen und einen Kontrollanteil an der Firma erwerben. Das Blatt vermutet, dass die Deutsche Bank im Auftrag des Energiekonzerns Gazprom handelt.

Kommersant beruft sich auf den Yukos-Aufsichtsratsvorsitzenden Wiktor Geraschtschenko. Dieser habe den Erhalt eines Schreibens der hundertprozentigen Deutsche-Bank-Tochter Deutsche UFG mit der Bitte um Verkaufsgespräche bestätigt.

Deutsche Bank soll Schulden übernehmen

Die Deutsche Bank sei demnach bereit, die Schulden von Yukos ,,auf sich zu nehmen'' und strebe ein ,,Kontrollpaket an Yukos'' an. Die Investmentbank Deutsche UFG war am Montag zu einer Stellungnahme nicht bereit.

Ein Moskauer Gericht hatte Anfang August das einst größte russische Ölunternehmen für bankrott erklärt und damit die letzte Phase eines Machtkampfes um die Reste des Konzerns eingeläutet. Konkursverwalter Eduard Rebgun gab den Unternehmenswert im August mit knapp 14 Milliarden Euro an und stellte dem Verbindlichkeiten von 14,5 Milliarden Dollar gegenüber.

Yukos und sein damaliger Chef Michail Chodorkowskij und der Yukos-Konzern waren 2003 ins Visier der russischen Behörden geraten. Der Kreml-Kritiker Chodorkowskij sitzt mittlerweile eine achtjährige Freiheitsstrafe im Osten Sibiriens ab, Yukos wurde mit Hilfe massiver Steuernachforderungen zu großen Teilen zerstört.

Einstieg in Deutschland

Im Kampf um die Übernahme des Privatunternehmens Yukos treten nun die beiden halbstaatlichen Konzerne Gazprom und Rosneft als Konkurrenten an.

Beide verfügen über exzellente Verbindungen in den Kreml. Trifft die Vermutung von Kommersant zu, dass die Deutsche Bank im Auftrag von Gazprom agiert, würde sich das Geldinstitut direkt in einen innerrussischen Machtkampf einschalten.

Gazprom und Deutsche Bank seien durch vielfältige gemeinsame Geschäftsinteressen verbunden. Außerdem habe es am 9. Oktober ein Treffen von Gazprom-Chef Alexej Miller und dem Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, gegeben, berichtete die Zeitung. Die Deutsche Bank hatte Gazprom bereits bei der Übernahme des Ölunternehmens Sibneft beraten.

Gazprom will erklärtermaßen auch nach der Sibneft-Übernahme im Ölbereich noch weiter wachsen. Rosneft wiederum hat sich in einer fragwürdigen Zwangsversteigerung bereits das Produktions-Herzstück von Yukos, Yuganskneftegaz, angeeignet und ist auch an den Resten des Konzerns interessiert.

Als einer der Hauptgläubiger von Yukos sieht sich Rosneft dafür in einer guten Ausgangsposition. Diese könnte allerdings gefährdet werden, sollte die Deutsche Bank tatsächlich die Verbindlichkeiten von Yukos übernehmen.

Starke Position im deutschen Gasgeschäft

In Deutschland baut sich der Gazprom-Konzern nach Informationen aus der Energiewirtschaft über den Einstieg bei einem oder mehreren Versorgern eine starke Position im Gasgeschäft auf. Spekuliert wird darüber, dass die Russen hinter den Käufen von Aktien des RWE-Konzerns stehen und zusätzlich über eine Beteiligung an der RWE-Tochter Westfalen-Weser-Ems verhandeln.

Großes Interesse haben soll Gazprom auch an EWE in Oldenburg. Gazprom favorisiert nach Angaben aus Branchenkreisen vor allem eine Partnerschaft mit dem RWE-Konzern. Für dessen Vertriebstochter RWE Westfalen-Weser-Ems wird ein neuer Großaktionär gesucht.

Aus alter Zeit halten die Kommunen einen Anteil von 20 Prozent an der Gesellschaft, die 5,5 Millionen Einwohner im nördlichen Ruhrgebiet und in Westfalen mit Strom und Gas versorgt.

© SZ vom 17.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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