Deutsche Bank:Hängepartie

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Gerüchte, wonach sich die Strafe für die Deutsche Bank deutlich reduzieren wird, haben sich bislang nicht bestätigt. Das Institut ringt weiter um eine Einigung mit der US-Justiz. Dabei hängt viel vom Geschick des Spitzenanwalts Richard Owens ab.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es ist ein wenig überspitzt, aber derzeit hängt die Zukunft der Deutschen Bank wohl auch von Richard Owens und seinem Verhandlungsgeschick ab. Der Spitzenanwalt der internationalen Großkanzlei Latham & Watkins steht Deutsche-Bank-Chef John Cryan im Verhandlungspoker mit den USA bei. Owens ist laut seines Linkedin-Profils nicht nur Harvard-Absolvent, als leitender Staatsanwalt ermittelte er vor Jahren auch gegen US-Skandalfirmen wie den Telekomkonzern Worldcom, der nach einer Bilanzfälschung 2002 Pleite ging. Heute gilt Owens als Koryphäe auf dem Gebiet des Insiderhandels und der Wirtschaftskriminalität.

Das muss Owens nun wohl mehr denn je unter Beweis stellen. Die Deutsche Bank nämlich ringt derzeit mit dem US-Justizministerium um ein angemessenes Strafmaß für windige Immobilienkreditgeschäfte aus der Vorfinanzkrisenzeit. Seit vor gut drei Wochen bekannt geworden war, dass die US-Justiz im Extremfall 14 Milliarden Dollar für diese Geschäfte fordert, sind Anleger und Politik in Aufruhr. Es geht um die Frage, was passiert, falls die Bank diese Geldbuße wirklich zahlen muss, es ihr aber nicht gelingt, frisches Kapital einzusammeln. Das drückte den Aktienkurs zeitweise auf ein neues Tief, auch weil viele Hedgefonds auf einen weiteren Verfall wetteten. Manch einer befürchtete bereits eine Schieflage wie 2008 bei Lehman oder gar die bevorstehende Verstaatlichung.

Nachdem vor gut einer Woche durchgesickert war, die Strafe werde auf 5,4 Milliarden Dollar sinken, hatten nun aber viele mit einer schnellen Einigung während der Weltbanktagung in Washington gerechnet, zumal sich Konzernchef Cryan am Freitag mit an den Verhandlungstisch setzte. Doch auch über das Wochenende erzielte die Bank keinen Durchbruch. Wie Insider sagten, könne jedoch keinesfalls von einem Scheitern die Rede sein, nun werde weiter auf Arbeitsebene verhandelt. Wie lange sich die Gespräche hinziehen könnten, blieb jedoch unklar.

Die Sorgen um die Derivate in der Bilanz seien unbegründet, meint Risikovorstand Lewis

Fakt ist aber, dass die Deutsche Bank einen schnellen Vergleich dringend benötigt. Zuletzt hatte sich der Aktienkurs zwar wieder erholt, am Freitagabend notierten die Titel sogar wieder bei gut zwölf Euro. Sollte sich eine Einigung aber weiter hinziehen, dürften sich die Anleger schnell wieder von ihren Papieren trennen. In den vergangenen Tagen machten zahlreiche Gerüchte die Runde, wer die Bank notfalls via Kapitalerhöhung retten müsse oder wolle, angefangen vom Staat über Dax-Unternehmen bis hin zu den Großaktionären aus Katar.

Kein Wunder, dass Deutschlands größtes Geldhaus auch am Wochenende versuchte, dagegen anzukämpfen. So trat Risikovorstand Stuart Lewis Zweifeln an der Stabilität des Geldhauses entgegen. Sorgen von Investoren und Politikern, die Bank sei vor allem deshalb so riskant, weil sie für viele Billionen Euro Derivate in der Bilanz schlummern habe, seien unbegründet, beschwichtigte Lewis in der Welt am Sonntag. Derivate sind komplizierte Finanzprodukte, mit denen sich Unternehmen und Anleger gegen Schwankungen an den Kapitalmärkten absichern, mit denen aber auch Hedgefonds auf bestimmte Ereignisse wetten. Sie gelten auch als einer der Auslöser der Finanzkrise im Jahr 2008.

Spätestens seit der Internationale Währungsfonds das Geldhaus unlängst als gefährlichste Bank der Welt bezeichnet hatte, sind ihre Derivate-Risiken wieder auf der Tagesordnung gerückt. "Die Risiken aus unserem Derivatebuch werden bei weitem überschätzt. Wir haben diese Risiken abgesichert", sagte Stuart.

Zum Ende des zweiten Quartals lag der Umfang der Derivate-Positionen der Bank zwar bei 46 Billionen Euro, was schon allein im Vergleich zu ihrem Eigenkapital von 62 Milliarden Euro schier unglaublich wirkt. Die Zahl sei aber irreführend, sagte Lewis. "Das wahre Risiko ist viel kleiner." Dies sei lediglich der theoretische Nominalwert der Absicherungsgeschäfte. Das wäre ungefähr so, als wenn bei einem Wetteinsatz von 200 Euro auf ein Rennpferd der Wert des Pferdes und nicht der Wetteinsatz im Feuer stünde. Viel relevanter als das Gesamtvolumen der Derivate sei das Risiko aus allen Kontrakten. Dieses betrage netto 41 Milliarden Euro. Die Deutsche Bank versuche aber gleichwohl, die Derivate-Positionen zurückzufahren. Ein Teil sei vor einigen Jahren in die interne Bad Bank überführt worden.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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