Deutsche Bahn:Zu viele Kunden

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Die Bahn hat zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung des Schnellstreckennetzes aufgeschoben. Jetzt hat sie ein hausgemachtes Problem.

Klaus Ott

Eigentlich sollte sich ein Konzernvorstand freuen, wenn die Zahl der Kunden steigt. Doch bei der Deutschen Bahn (DB) bereiten die zusätzlichen Umsätze, die sich beim Personen- wie auch beim Güterverkehr abzeichnen, teilweise erhebliche Probleme.

Etliche Strecken, auf denen in den nächsten Jahren noch mehr Züge fahren sollen, sind jetzt schon überlastet. Aber für den Ausbau dieser Linien fehlt der DB nach eigenen Angaben das Geld, weil die Bundesregierung ihre Zuschüsse stark gekürzt habe.

Die Bahn hat laut internen Übersichten viele Maßnahmen aufgeschoben, weil die Mittel dafür fehlten. "Mittelfristig zurückgestellte Vorhaben" lautet die entsprechende Rubrik in den DB-Papieren, die den Zeitraum bis einschließlich 2011 beschreiben.

Dazu zählen zwölf Großprojekte, die besonders wichtig wären, um gravierende Lücken im Schnellstreckennetz zu schließen (siehe Graphik). Das bremst nicht nur den ICE und die anderen Fernzüge. Auch die Kapazitäten für den Güterverkehr bleiben begrenzt.

Engpass vor den Alpen

Besonders schlecht sieht es beispielsweise zwischen Karlsruhe und Basel aus, einer der wichtigsten Zulaufstrecken in die Schweiz. Dort fahren jetzt schon ein Drittel mehr Züge als ursprünglich vorgesehen.

Bis 2015 soll der Verkehr dort noch einmal um 20 Prozent steigen. Doch nur auf dem letzten Teilstück von Buggenheim nach Basel wird in den nächsten Jahren gebaut. Zwischen Karlsruhe, Offenburg und Buggenheim wird die Strecke weder für Geschwindigkeiten bis 200 Stundenkilometer ertüchtigt noch auf vier Gleise erweitert, wie seit langem geplant.

Insbesondere für den Güterverkehr durch die Alpen ist das ein Manko. Die Schweiz baut zwei große Eisenbahntunnel; die Kapazität für den Zugverkehr steigt dort enorm. Doch was nützt das, wenn die Zulaufstrecken nicht ausgebaut werden. Das gilt auch für die Linie von München nach Lindau, die weiter nach Zürich führt.

Ebenfalls schlecht für den Güterverkehr durch die Alpen (sowie nach Osteuropa): Die Strecke von München über Mühldorf nach Salzburg wird einstweilen nicht elektrifiziert. Die Bewohner einiger Alpentäler und die Umwelt werden also noch lange unter dem ständig wachsenden Lkw-Verkehr zu leiden haben. Die Bahn ist mit ihrem Streckennetz weit entfernt davon, eine ökologische Alternative zur Straße zu sein.

Jetzt schon überlastet sind laut DB die Linien Hamburg - Hannover, Frankfurt/Main - Fulda und Frankfurt/Main - Mannheim. Hier sollten schon längst neue Trassen entstehen, doch auf Jahre hinaus wird nichts geschehen.

Kaum besser sieht es auf der Achse München - Berlin aus. Zwischen Nürnberg, Erfurt und Halle beziehungsweise Leipzig wird zwar gebaut, aber im Schneckentempo. Auf den einzelnen Abschnitten steht bis einschließlich 2010 nur ein Fünftel beziehungsweise ein Drittel des Geldes bereit, das notwendig wäre, um diese ICE-Trasse zu vollenden. Die Bahn will nun Mittel der Europäischen Union lockermachen, um schneller voranzukommen.

Beim Bundeshaushalt sieht es laut den Planungsunterlagen der DB trist aus. Von 2007 bis 2011 seien nicht einmal 3,5 Milliarden Euro pro Jahr für den Aus- und Neubau verfügbar. 4,5 Milliarden Euro jährlich wären aber nötig, um das Netz fit für die Zukunft zu machen, sagt Vorstandschef Hartmut Mehdorn seit langem. Dass die Regierung mehr Geld bereitstellt, ist nicht zu erwarten.

Im Vergleich zu den Haushaltsplänen aus dem vergangenen Jahr seien nunmehr bis 2010 insgesamt 418 Millionen Euro weniger vorgesehen, steht in den DB-Papieren. An ihren vielen Problemen beim Streckennetz ist die Bahn nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes freilich teilweise auch selbst schuld. Das Staatsunternehmen habe jahrelang die Instandhaltung der bestehenden Trassen vernachlässigt, kritisiert der Rechnungshof.

© SZ vom 6.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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