Deutsche Bahn:Krach mit der Bundesregierung

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Bahnchef Mehdorn hat einen bösen Brief an den Verkehrsminister geschrieben. Und klargestellt, dass das Unternehmen nicht wie ein "mehrfach vorbestrafter Straftäter" behandelt werden dürfe.

Klaus Ott

Hartmut Mehdorn hat ein großes Ziel vor Augen. Der Vorstandschef der Deutschen Bahn (DB) will das Staatsunternehmen unbedingt selbst an die Börse bringen - und natürlich in der von ihm gewünschten Art und Weise. Dafür lässt es der streitbare Manager auch auf einen neuen Krach mit der Bundesregierung ankommen.

In der vom Verkehrsressort geplanten Form sei die DB AG nicht privatisierungsfähig, steht in einem Brief, den Mehdorn vor einem Monat an Minister Wolfgang Tiefensee schrieb und den die FDP-Bundestagsfaktion am Montag veröffentlichte.

"In ihrer Existenz gefährdet"

In dem Schreiben und in mehreren Anlagen beklagt sich der Bahnvorstand heftig über die vorgesehenen Auflagen des Bundes für das Unternehmen nach der Privatisierung. Würde der erste im Ministerium ausgearbeitete Gesetzentwurf so Wirklichkeit, dann genieße die Bahn faktisch keinen Rechtsschutz mehr und sei in ihrer Existenz gefährdet.

"So mag der Staat sein Verhältnis zu mehrfach vorbestraften Straftätern regeln", heißt es in einer der Anlagen, in der die Sichtweise des DB-Vorstandes zusammengefasst ist. Für den Umgang mit der Bahn dürfe das nicht gelten.

Die Veröffentlichung des Beschwerdeschreibens platzt mitten hinein in Diskussionen um eine Vertragsverlängerung des Vorstandsvorsitzenden und um den mangelhaften Zustand des Schienennetzes. Mehdorns Vertrag läuft im Mai 2008 aus. Er möchte Konzernchef bleiben, um das Unternehmen selbst zu privatisieren; inklusive weitgehendem Zugriff auf das Schienennetz.

Die Spitze des Aufsichtsrates will zwei weitere Amtsjahre beschließen. Mehdorn ginge dann mit 67 Jahren in Rente. Teile der Bundesregierung sollen damit einverstanden sein, doch Mehdorns neuer Vorstoß könnte zu neuen Diskussionen führen, ob das sinnvoll wäre.

Aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist der erste Gesetzentwurf aus dem Haus Tiefensee ebenfalls schon kritisiert worden - allerdings mit einer entgegengesetzten Begründung. Dieser Privatisierungsplan verstoße gegen die Absprache in der Regierungskoalition, dass das Schienennetz im Eigentum des Staates bleibe und nicht dem Einfluss der privatisierten DB AG unterliege.

Zahlreiche Bundestagsabgeordnete nicht nur in der Union befürchten, das Streckennetz werde ansonsten ausgedünnt, weil dann nur noch die Rendite zähle. Das politische Vorhaben, aus ökologischen und anderen Gründen mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, sei dann hinfällig.

Während also die Union beklagt, der Entwurf sei zu DB-freundlich, schreibt Mehdorn, die unternehmerische Verantwortung werde unnötig eingeschränkt. Der Bund und das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), das den Schienenverkehr beaufsichtigt, könnten bei Verabschiedung dieser Gesetzespläne ,,entscheiden und diktieren'', was bei der Bahn zu geschehen habe.

Explosionsgefahr

"Mehr statt weniger Bürokratie" wären dann die Folge. Der DB-Vorstand wehrt sich dagegen, dass dem EBA "umfassende neue Prüfrechte eingeräumt" werden sollten, zum Beispiel mit Messfahrten auf dem Schienennetz. Bei vernünftiger Gestaltung der Kontrollrechte seien "eigene Messfahrten durch das EBA überflüssig", erwidert die DB.

Der FDP-Abgeordnete Horst Friedrich, Verkehrsexperte seiner Fraktion, sieht eine andere Gefahr. Mehdorn wolle sich bei den Ausgaben für das Streckennetz ,,nicht in die Karten schauen lassen'' und lehne deshalb eine effektive Kontrolle durch den Bund und das EBA ab, sagt Friedrich und verweist auf den Bundesrechnungshof (BRH). Dieser hat dieser Tage in einem Entwurf für einen Prüfbericht eine mangelnde Kontrolle des Netzes durch das EBA und das Verkehrsministerium kritisiert. Das trage dazu bei, dass die DB zu wenig für die Instandhaltung der Trassen ausgebe und das Netz vernachlässige.

Mehr Kompetenzen für das EBA lehnt Mehdorn jedoch ab. Die Aufsichtsbehörde solle laut Gesetzentwurf aus dem Verkehrsressort eine "Generalvollmacht" erhalten und könne dann "agieren wie ein Staatsanwalt", steht in der Beschwerdepost des DB-Vorstands an Minister Tiefensee.

Weiter heißt es dort, die Bahn könne beim Schienennetz vom Bund im Extremfall "entschädigungslos enteignet" werden. Der DB-Vorstand hat seine Kritik an mehreren Stellen mit kleinen Bomben illustriert, an denen bereits die Zündschnur glimmt. Diese Debatte könnte in der Tat zu Explosionen führen.

© SZ vom 27.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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