Deutsche Autovermieter:Verluste oder Schlimmeres

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Harte Zeiten für deutsche Autovermieter: Der Budget-Lizenznehmer Robert Straub gibt auf. Marktführer Sixt trennt sich nach dem Vertriebsvorstand nun auch von seinem Finanzchef

Michael Kuntz

Die Finanzkrise hat die Autovermieter voll erwischt: Sie konnten gar nicht so schnell wie nötig ihre Fahrzeugflotten verkleinern, ihre Kunden müssen sparen. Die Folge: Verluste oder Schlimmeres. Die Branche formiert sich neu.

Sixt-Mitarbeiter reinigt an einer Zweigstelle in München einen Mietwagen: Das bisher an Wachstum gewohnte Unternehmen will nun auch einmal ein Auto weniger vermieten nach der Devise: höhere Preise, höherer Ertrag. (Foto: Foto: AP)

Die Nummer fünf in Deutschland hat Anfang der Woche aufgegeben. Der Lizenznehmer der Marke Budget stellte zum 31. August den Geschäftsbetrieb ein. Mietautos der Billigmarke von Avis können zwar noch zurückgegeben, aber nicht mehr gemietet werden.

Die Familienfirma Robert Straub in Biberach an der Riß war seit Herbst 2007 der deutsche Partner von Budget. Der preisaggressive Vermieter gehört seit 2003 zu Avis. Schon in vielen Staaten tritt der amerikanische Konzern Avis Budget mit beiden Marken unter einem Dach an.

Mit großen Zielen gescheitert

Internationale Kunden mit einer Budget-Reservierung erhalten derzeit in Deutschland an 15 Flughafen-Stationen ein Avis-Auto. Der Lizenznehmer Straub hatte 600 Beschäftigte und über hundert Stationen. Anfang Mai meldete er nach einem Umsatzeinbruch Insolvenz an. Urspünglich wollte Straub Deutschlands drittgrößter Autovermieter nach Sixt und Europcar werden.

Der Marktführer Sixt AG schreibt zwar nach zwei Verlustquartalen wieder schwarze Zahlen, Konzernchef Erich Sixt stellt sein Management dennoch gerade neu auf. Erst verzichtete er auf den Vertriebvorstand, jetzt tauscht er den Finanzvorstand aus. Vorher war bereits der Marketingleiter entschwunden.

Vertriebsvorstand Hans-Norbert Topp, 47, ging "wegen unterschiedlicher Auffassungen", wie auf die Krise zu reagieren ist. Das bisher an Wachstum gewohnte Unternehmen will nun auch einmal ein Auto weniger vermieten nach der Devise: höhere Preise, höherer Ertrag.

Großkunden müssten bis zu zehn Prozent mehr zahlen als bisher, kündigte Sixt im Mai an. Sein Finanzvorstand Karsten Odemann, 48, muss Platz machen für den Deutsch-Amerikaner Julian zu Putlitz, 41, der bisher Partner bei Roland Berger war. Für ihn gelte es, "im Zuge der Internationalisierung zukunftsweisende Konzernstrukturen zu etablieren", begründet Aufsichtsratsvorsitzender Gunter Thielen die Entscheidung.

Gründer Sixt denkt nicht ans Aufhören

Sixt betreibt eigene Stationen in Westeuropa und über Franchisenehmer in 90 Ländern weltweit. Thielen hatte während der Hauptversammlung angekündigt, die Weichen für das Unternehmen neu stellen zu wollen, das seinen Umsatz in den vergangenen fünf Jahren um 70 Prozent auf 1,53 Milliarden Euro gesteigert hat.

Eine Vorentscheidung über die Nachfolge für Erich Sixt sei damit nicht verbunden, ergänzt ein Sprecher auf Anfrage. Sixt ist Ende Juni 65 Jahre alt geworden, denke aber nicht ans Aufhören.

Der etwas knorrig auftretende Unternehmer Sixt engagiert mit zu Putlitz jetzt den dritten Finanzvorstand seit dem Börsengang im Jahr 1986. "Es gibt keinen Hintergrund bei der Geschichte", heißt es bei Sixt.

Der Aufsichtsrat glaube einfach, dass zu Putlitz für die Zukunft der richtige Finanzvorstand sei. Das Personalkarussell bei Sixt drehe sich auch nicht schneller als anderswo, betont der Sprecher. So sei etwa Detlev Pätsch seit mehr als zwei Jahrzehnten Operations-Vorstand.

Herr im eigenen Haus

Sixt hat in der Krise gegenüber seinen Wettbewerbern einen großen Vorteil: Er muss keine Kapitalkosten erwirtschaften für den Einstieg von Investoren in seine Firma. Das erschwert es sowohl Hertz, Avis wie auch Europcar, wieder aus den Verlusten herauszukommen. Erich Sixt dagegen ist als sein größter Aktionär Herr im eigenen Haus.

Bei der Sixt AG erwirbt inzwischen auch die nächste Generation Erfahrungen im Management. Konstantin Sixt, 26, leitet seit Anfang Juli den Bereich E-Commerce. Etwa 40 bis 50 Prozent der Buchungen für Mietautos kommen über das Internet. Alexander Sixt, 29, steuert seit Jahresmitte die Konzernentwicklung. Er war vorher Berater bei Roland Berger - wie Julian zu Putlitz. Ein Berger-Team untersuchte bei Sixt die Chancen der Internationalisierung.

Die Ehefrau als Konstante

Die Konstante im familiären und unternehmerischen Leben von Erich Sixt ist seine Frau: Regine Sixt, 59, betreut als Marketing-Chefin die zahlreichen Kooperationspartner der Sixt AG, ist aber auch zuständig für die Uniformen der Mitarbeiter in den Stationen.

In den Medien taucht sie als Charity-Lady auf, zum Beispiel, weil sie am 7. Oktober in Berlin als "Woman of Distinction" vom Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem ausgezeichnet wird. Sie unterstützt die größte Klinik in Israel. Die Funktion von Regine Sixt in der Sixt AG werde oft etwas unterschätzt, sagt ein Insider: "Frau Sixt hat ja letztlich das Unternehmen zusammen mit ihrem Mann aufgebaut."

© SZ vom 02.09.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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