Detroit: Aus für letzten Cadillac-Händler:Bis zum bitteren Ende

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Ein schlichter Brief ohne Unterschrift: So markiert General Motors das Ende des letzten Cadillac-Händlers von Detroit. Doch der Familienbetrieb gibt sich nicht geschlagen.

Im Jahr 1701 gründet der französischen Kapitän Antoine Laumet de La Mothe, Sieur de Cadillac, am Ufer des Eriesees Detroit. Das Örtchen im Mittleren Westen Amerikas entwickelt sich im 20. Jahrhundert zur Wiege der US-Autoindustrie. Große, ausladende Fahrzeuge mit dem Namen Cadillac werden Kult und zum Inbegriff des "American Way of Life". Doch die Krise macht auch vor dem großen Namen Cadillac nicht halt. 308 Jahre nach der Stadtgründung droht dem letzten Cadillac-Händler in der Detroiter Innenstadt das Aus.

Nach 55 Jahren muss der Detroiter Cadillac-Händler Dalgleish schließen. Die Mitarbeiter, das Foto zeigt den Techniker David Lytle, sind entsetzt. (Foto: Foto: Reuters)

Über das Ende seines Betriebs erfährt Eigentümer Doug Dalgleish im Juni per Post. Unterschrieben ist der Brief mit General Motors Corporation. "Bei GM hatte nicht Mal jemand den Mut, den Brief persönlich zu unterschreiben", schimpft der 80-Jährige. Sein Geschäft liegt nur wenige Meter von dem Ort entfernt, wo 1902 der erste Cadillac hergestellt wurde.

Familie und Kunden haben sich deshalb entschlossen, um den 1954 gegründeten Betrieb zu kämpfen. "Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben", sagt Sohn Keith, 47, der bereits im Alter von zehn Jahren anfing, für den Familienbetrieb zu arbeiten. "Wir ziehen das bis zum Ende durch."

Es ist ein Kampf gegen einen übermächtigen Gegner. Amerikas größter Autobauer GM will sich unter Gläubigerschutz gesundschrumpfen und die Verträge mit rund 1100 Händlern kündigen. General Motors werde Dalgleish Cadillac in Zukunft keine Wagen mehr liefern, erklärt eine GM-Sprecherin. Der Konzern müsse Überkapazitäten abbauen. In den USA gibt es 1400 Cadillac-Händler, während Lexus, BMW und Mercedes zusammen nur 400 haben. "Wir müssen uns an unseren Wettbewerben ausrichten", sagt die Sprecherin.

Unterstützung vom Pfarrer

Der Detroiter Pfarrer Horace Sheffield hält wenig von diesen wirtschaftlichen Rechenspielen. Der einflussreiche Geistliche hat die Bewohner aufgerufen, gegen die Schließung des letzten Cadillac-Händlers in Downtown Detroit zu protestieren. Das Aus für den Betrieb mit rund 60 Mitarbeitern würde den Zerfall der Detroiter Innenstadt weiter beschleunigen, warnt Sheffield. "Wenn wir Nahrungsmittel oder Kleidung kaufen wollen, müssen wir schon heute in die Vorstädte fahren."

Pfarrer Sheffield ist seit 15 Jahren Kunde bei den Dalgleishs. Erst im Mai hat er einen neuen Cadillac gekauft, um seine Solidarität mit dem Betrieb zu demonstrieren. "Wir können es einfach nicht akzeptieren, dass dieser Händler geschlossen wird", sagt der Pfarrer, der mit seinem Protest nicht alleine ist. In ganz Amerika gehen Händler und die lokalen Kongress-Abgeordneten auf die Barrikaden, die vom Kahlschlag der Detroiter Autobauer GM und Chrysler betroffen sind.

Doug Dalgleish, der gleichnamige Sohn des Firmeninhabers, warnt die Hersteller vor einer Verschärfung der Krise. "GM überschätzt seine eigenen Produkte. Viele Amerikaner kaufen die Autos von Tante-Emma-Händlern wie uns nur, weil wir ihre Familien seit Generationen beliefern", sagt Dalgleish. "Wenn es uns nicht mehr gibt, wird GM noch viel mehr Käufer verlieren."

© sueddeutsche.de/Reuters/Nick Carey/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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