Die Deutschen werden immer älter, ja, der Staat hat viele Schulden, ja - aber der Kollaps steht der Gesellschaft nicht bevor, sagen die fünf Wirtschaftsweisen in einem neuen Gutachten (pdf). Jedoch fordern sie tiefgreifende Reformen.
Zwar sinke wegen des demographischen Wandels die Zahl von Menschen im erwerbsfähigen Alter. "Wir kommen aber zu dem Ergebnis, dass insgesamt gesehen die ökonomischen Konsequenzen beherrschbar sind", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Wolfgang Franz.
Die Politik habe jedoch gewaltige Aufgaben vor sich. Zum einen bei der gesetzlichen Rentenversicherung und zum anderen bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier steigen die Kosten, wenn es immer mehr ältere Menschen gibt. Die Forscher sprechen von einer Tragfähigkeitslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben von 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukt.
Diese Lücke könne nicht allein durch eine Steigerung der Beiträge geschlossen werden. Denn selbst wenn die Steuersätze in den oberen Einkommensklassen (ohne Solidaritätszuschlag) drastisch steigen würden, schließe sich die Finanzlücke kaum: nur um einen Prozentpunkt, wenn die Sätze von 42 auf 67 Prozent, beziehungsweise von 45 auf 70 Prozent ansteigen würden. Stiege die Mehrwertsteuer von 19 auf 21,6 Prozent, bringe dies ebenfalls nur einen Prozentpunkt.
Dementsprechend plädieren die Forscher dafür, vor allem bei den Ausgaben anzusetzen. "Es ist zunächst zwingend notwendig, die vorgesehene Erhöhung der Rente mit 67 im Jahr 2029 umzusetzen", schreiben die Forscher. Doch dabei soll es nicht bleiben: Wegen der steigenden Lebenserwartung könnte das Renteneinstiegsalter auf 68 Jahre in 2045 und 69 in 2060 ansteigen. Das sollte für Angestellte ebenso wie für Beamte gelten.
Der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler unterstrich, die deutschen Arbeitsmärkte und Sozialsysteme müssten fit für die Zukunft gemacht werden. Nötig sei unter anderem auch ein Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland, was auch die Forscher so sehen. Rösler begrüßte die Empfehlung des Rates, die neu entstehenden Lasten für die öffentlichen Haushalte nicht über höhere Steuern und Beiträge zu decken.
"Ohne Konsolidierungsschritte läge die Schuldenstandsquote im Jahr 2060 bei etwa 270 Prozent", heißt es im Bericht. Derzeit beträgt sie gut 80 Prozent.