Defizitverfahren wird ausgesetzt:Brüssel ist zufrieden mit Deutschland

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Die Bundesregierung muss nicht mehr mit europäischem Widerstand gegen ihre Haushaltspolitik rechnen.

Alexander Hagelüken

Die EU-Finanzminister dürften in Kürze das Defizitverfahren gegen Deutschland aussetzen, sagten Brüsseler Diplomaten der Süddeutschen Zeitung. Damit geht eine jahrelange Auseinandersetzung zu Ende, bei der der Bundesrepublik eine Milliardenstrafe drohte.

Der Stabilitätspakt verlangt ein Defizit von höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, um die Solidität des Euro zu sichern. Deutschland hat diese Grenze seit 2002 ununterbrochen verletzt und damit einen Dauerstreit zwischen der EU-Kommission und mehreren Mitgliedsstaaten ausgelöst.

"Das ist eine gute Nachricht"

Dass die Bundesrepublik als Erfinder des Paktes die Regeln jahrelang nicht einhalten konnte, wurde als negatives Symbol für den Zustand der europäischen Finanzen angesehen. Im deutschen Windschatten verfehlten auch Frankreich, Italien und andere Euro-Staaten die Kriterien.

Eine Vorentscheidung über das deutsche Defizitverfahren fällt an diesem Samstag bei einem Treffen der EU-Finanzminister in Helsinki.

Dabei will Währungskommissar Joaquin Almunia dafür werben, das Verfahren gegen Deutschland ruhen zu lassen. Aus der Kommission und von Diplomaten ist zu hören, dass auch die anderen 24 Mitgliedsstaaten keine Einwände gegen den deutschen Kurs vorgebracht haben.

Damit bleiben Deutschland zusätzliche Sparauflagen erspart, selbst wenn es erst 2007 gelingen sollte, das Defizit unter drei Prozent zu drücken. In den vergangenen Jahren hatte es wiederholt Kritik an der deutschen Etatpolitik gegeben.

2003 kam es bei den Mitgliedsstaaten zu einer Kampfabstimmung über zusätzliche Sparauflagen für Deutschland. Anschließend verklagte die EU-Kommission die Bundesrepublik vor dem höchsten europäischen Gericht.

Eine Sprecherin Almunias begrüßte am Mittwoch Steinbrücks Ankündigung, den Pakt schon 2006 einzuhalten: "Das ist eine gute Nachricht."

Deutschland müsse nun einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, um die gesamtstaatliche Verschuldung zu drücken. Deutschland liegt mit der Gesamtverschuldung im laufenden Jahr bei etwa 69 Prozent vom BIP. Erlaubt sind höchstens 60 Prozent.

© SZ vom 6.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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